laut.de-Kritik

Diese Stimme macht selbst das Ende aller Zeiten erträglich.

Review von

Die beiden Bandköpfe Cammie Gilbert und Dobber Beverly sorgen dafür, dass der Kern von Oceans Of Slumber erhalten bleibt. Die Band hatte den Ausstieg von gleich drei Mitgliedern zu verkraften, den die Sängerin und der drummende Pianist gut kompensieren.

Gilbert erhält in den Stücken den Freiraum wie die Star-Sopranistin in ihrer Parade-Arie. Gleichzeitig vertont sie weltuntergangsartige Passagen mit einer Brillanz, die selbst das Ende aller Zeit erträglich scheinen lassen. Die Stimmgewalt einer Whitney Houston oder Tina Turner paart sie mit der nötigen Portion Roughness. Ein berühmtes Lied von Santana scheint ihr wie auf den Leib geschrieben.

Beverly gibt nicht nur als Klopper des Jahres den Drum-Takt vor, sondern liefert als Songwriter die Ideen und Stichworte. Das Schlagzeugspiel klingt bestechend und ist wie eine eigene Komposition in der Gesamtpartitur gestaltet. Beverly verbindet die Geschwindigkeit eines Dave Lombardo mit dem Taktgefühl eines Gavin Harrison und der Fill-seitigkeit eines Mike Portnoy.

Der dunklen Seite der Macht zugeneigte Stilrichtungen wie Doom, Death, Black Metal vermengt mit traditionellen, erbaulichen Formen wie Gospel und Blues bilden die Basis. Daneben blitzt ein Skunk Anansie gleicher Alternative-Touch auf. Als Krönung erhalten die Songs "Total Eclipse Of My Heart"-Momente zum Niederknien.

Spannung verbreiten Soundtrack-artige Zwischenspiele, die mal eher elektronische, dem Horror-Genre entlehnte Aspekte abdecken ("Imperfect Divinity") und mal eher klassisch strukturiert sind ("September"). Daneben gibt es die Prog-affinen Stücke mit vielen Parts und ausufernden Arrangements sowie die emotional hochfliegenden Balladen. Erstere sind vermehrt mit Extrem Metal-Versatzstücken gespickt ("The Adorned Fathomless Creation", "Total Failure Apparatus"), letztere ziehen ihren Reiz aus einer unwiderstehlichen Melodik ("A Return To The Earth Below", "To The Sea").

Cammie Gilbert singt über die vielseitigen Schattenszenarien, in denen Leben stattfindet. Das Unbehagliche bildet häufig den Ausgangspunkt und mündet entweder in einen statischen Dämmerzustand oder in eine fiebrige Auseinandersetzung, jeweils passend in Musik gegossen. Wie wenn man am Rande eines Kraters stehend ins Stolpern gerät und sich in dem Moment zwischen Fallen und Festhalten befindet: So klingen Oceans Of Slumbers, und auch wenn die Verwendung des Bandnamens als Albumtitel nach Selbstvergewisserung anmutet, ist am klanglichen Resultat nichts Rückwärtsgewandtes.

Trackliste

  1. 1. The Soundtrack To My Last Day
  2. 2. Pray For Fire
  3. 3. A Return To The Earth Below
  4. 4. Imperfect Divinity
  5. 5. The Adorned Fathomless Creation
  6. 6. To The Sea (A Tolling Of The Bells)
  7. 7. The Colors of Grace
  8. 8. I Mourn These Yellow Leaves
  9. 9. September (Momentaria)
  10. 10. Total Failure Apparatus
  11. 11. The Red Flower
  12. 12. Wolf Moon

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