laut.de-Kritik
Haftbefehl für die Call of Duty-Lobby.
Review von Yannik GölzKurz gab es ein ganz großes Hallo, als Olexesh den visuellen Trailer für sein neues Album veröffentlichte. Das teuerste Deutschrap-Video aller Zeiten wollte das sein - "Ufos Überm Block" bekam deswegen eine ganze Cyberpunk-Serie als Visualisierung für das Kollabo-Projekt mit dem Produzenten-Duo Hell Yes (Spectre Berlin und David Bwoooi). Aber weil Geld bekanntermaßen keinen Geschmack kauft, ging beides gehörig schief: Die Videos sahen trotz allem Budget wie die fehlgeleitete Netflix-Adaption eines alten Sci-Fi-Mangas aus, eine Handlung konnte auch ein fantasievoller Zuschauer kaum identifizieren und das Album ist trotz ehrlichen Versuchs, ein futuristisch klingendes Trap-Tape zu machen, eines der chaotischsten musikalischen Unterfangen der jüngeren Deutschrap-Geschichte. Hier wirkt niemand in seinem Element.
Man muss den Leuten jedoch erst einmal zugute halten, dass im Gegensatz zum handelsüblichen deutschen Straßenrap hier tatsächlich etwas versucht wurde. Mehr noch, die Ambitionen für "Ufos Überm Block" scheinen auf dem Papier astronomisch. Das Produzenten-Projekt Hell Yes, das schon für jüngere Releases von Frauenarzt und Taktloss verantwortlich zeichnete ("Mutterficker" und "Gott") haben einen Knacks für elektronische Musik, Futurismus und berufen sich Inspirations-mäßig bis auf Kraftwerk zurück. Ihre Vision eines Cyberpunk-Trap-Albums haben sie nun Olexesh aufgebürdet, der zumindest stimmlich beizeiten auch die richtige Intensität an den Tag legt.
Die besseren Songs hier haben deswegen einen Olex, der ein bisschen wie Cyber-Haftbefehl rappt. Volle Kanne Chaos-Doubletime nach vorne, der Text komplett Wurst und alles, was zählt, ist die ruppige Straßenrap-Energie über die rumpelnden, bleependen und bloopenden Futur II-Beats des Produzententeams. Klingt geil? Es gibt eine Handvoll Songs, die das Versprechen einlösen. Der Opener "Block" rekrutiert Capital, pardon, Joker Bra für einen stressig-aggressiven Rager, auf dem der Gast mit der Line "Du warst beim Schultheater? / Schön für dich, ich war beim Psychiather" das Highlight setzt. Auch "Babushka" bringt einen Nimo in bester Psycho-Stimmung in den Mix, der mit seiner exzentrischen Delivery ein bisschen Farbe in die Laufzeit bringt. Auch die internationalen Features Ezhel und Tovaritch degradieren den Protagonisten zum Junior-Partner, der zwar den Flow, nicht aber den Vibe vorgeben kann.
Ja, Olexesh fehlt einfach spürbar die Reichweite für die Atmosphäre, auf die hier gezielt wird. Auf "Ghetto Rose" flext er darüber, dass er vier Songs in einer Nacht machen kann, aber der Flex würde besser funktionieren, wenn die Tracks dann auch gut wären. Seine Texte arten regelmäßig in ein völlig inkohärentes Chaos aus, in dem eine Line mit der nächsten wenig zu tun hat, aber auch seine Stimme gibt wenig emotionale Textur her. Da bleibt einfach wenig von ihm, mit dem man wirklich arbeiten kann, wenn man sich einmal an den Flow gewöhnt hat. Stattdessen rappt er Lines wie "Runterholen auf Mangas, Doggy Bustеr Stammgast / Svetlana liebt mich, weil ich mach anders". Deep.
Statt ein kohärentes Soundbild zu erschaffen, fühlt man hier nach ein paar Tracks schneller Ermüdungserscheinungen, als 21 Nummern Tracklist es hergeben sollten. Vielleicht ist es ja schon schlechtes Omen, wenn sie auf "Chrome Gopnik" bereits auf Track drei die richtig absurden Dubstep-Wobwobs rausholen, denn der ganze Run über "Indoor", "Wolfgang", "Hardcore Love" oder "300" wird zur akustischen Stresserfahrung. So viel übers Kiffen zu rappen hilft da auch nicht, denn würde ich zu diesem Sound buffen, müsste ich persönlich nach einem halben Hördurchgang zu Joker Bra in Therapie.
Vielleicht sind Versatzstücke eines Konzeptalbums in "Ufos Überm Block" versteckt. Man könnte argumentieren, dass wenn Olexesh das schon als Performer nicht komplett ausfüllt, ja sicher doch wenigstens die Produktion reinhaut. Und klar, es gibt die sicken Momente. "Hardcore Love" bietet geiles Hardstyle-Geballer, "Vollmond" klingt wie die Steampunk-Interpretation von "Nie Ein Rapper" und "Grass Flex" leitet glitzerndes Trap-Geballer für den Chorus zu einer richtig smoothen DJ Mustard-Bassline im Chorus über.
Dieses Gefühl von Progression fehlt dem Großteil des Albums aber leider. Für 21 Tracks bieten 48 Minuten Spielzeit gerade einmal zwei oder zweieinhalb Minuten Laufzeit für jeden Song im Schnitt. Als Resultat bleiben viele Songs kurze Skizzierungen für eine Songidee, meistens einer, mit der Olexesh wenig Vision beweist, was er damit anfangen möchte. Ab und zu gibt es apologetische Breakdowns am Songende, die aber auch nicht die markanten Momente aufweisen, die das Album dringen bräuchte. Vielmehr sind die Grundfesten des Albums musikalisch wohlbekannt, wie das relativ generische Drill-Fundament auf "Kill Kill" oder die viel zu oft auftauchenden viel zu groß gezeichneten Samples von Chören, Geigen und sonstigem Geömmel, mit dem die Soundästhetik des Albums ein bisschen wie Kollegah meets Call of Duty-Lobby klingt.
So muss man eine Dreiviertelstunde Edge, Lautstärke und Geballer über sich ergehen lassen, nur, um am Ende zu merken, dass da wenig Eigenwert in diesem Großprojekt steckt. Im Gegenteil: "Geld" ist dreist von Valees "Womp Womp" übernommen, "VIP" klingt nach "Look At Me" von XXXTentacion und auf "Kaltes Wasser" übernimmt er sogar textlich ein paar Fragmente aus Kodak Blacks "Roll In Peace". Das wäre ja auch nicht weiter schlimm, aber nach all dem Kladderadatsch um dieses Album wirkt es doch, als hätte man hier mehr abliefern wollen, als ein bisschen Trap-Gewummer mit Referenz an die populären Songs der Staaten. Im Grunde ist das hier mit einer dünnen Lackschicht Cyberpunk überzogen, und man weiß rückwirkend nicht einmal mehr so richtig, wer eigentlich Bock drauf hatte. Olexesh auf jeden Fall nicht. Der wirkt auf seinem eigenen Album ein bisschen wie bestellt und nicht abgeholt.
5 Kommentare mit einer Antwort
Schon wieder Elzhi mit diesem Ehzel-Esel verwechselt? Hab gerade ein Deja-vu
Passiert Heiko Götz halt ab und an, sei nicht so streng...
Jesses ist das ein Müll.
Oley seit jahren dung
Ich habs gehört und muss gestehen, dass ich es mochte. Klar, sehr viel Füllmaterial, aber einiges ist supergeil produziert. Olexesh wird aber im Leben kein Goethe mehr sein hinsichtlich der Lyrics. Ich fands unterhaltsam. Für mich war es eine 3,5 von 5.
hoffe sehnlichst, dass man mit so einem strunz an output kein geld verdient!!!