laut.de-Kritik
Zwischen minimalistischer Kunst und Einschlafhilfe.
Review von Sabrina FrancoAuf "What It's All About" findet man zehn bekannte und weniger bekannte Songs, neu interpretiert vom Jazz-Gitarristen Pat Metheny. Es ist sein erstes Album ohne eigene Kompositionen nach fast 40 Veröffentlichungen. Dennoch ist der unverwechselbare und typische Sound der spärlich arrangierten Bariton-Gitarre, wie man ihn von Metheny kennt, dominant.
Mich persönlich erinnert die Musik allerdings sehr an die Entspannungs-CD bei meiner letzten Thai-Massage. Es ist einfach schwierig zu begreifen, was man als Künstler mit der Aufnahme eines Albums wie "What It's All About" tatsächlich ausdrücken möchten.
Vermutlich kann man als Gitarrenexperte ausführlich über die Virtuosität Methenys beim Spiel einer 42-saitigen 'Pikasso Custom' (bei "The Sound Of Silence" von Simon & Garfunkel) oder einer sechssaitigen Akustik-Gitarre (bei "And I Love Her" von den Beatles) sinnieren. Als "normaler" Hörer kann man immerhin Melodiefragmente identifizieren, da es sich um Reinterpretationen bekannter Songs handelt. Aber das ist als würde man Figuren oder Gesichter auf einem Bild von Kandinsky oder Picasso erkennen.
Die Musik erinnert an abstrakte Strich- und Figurzeichnungen, jeder kann etwas anderes sehen bzw. hören, ich beispielsweise sah bzw. hörte nicht viel (lag vermutlich auch daran, dass ich von Pat Metheny langsam in den Schlaf gezupft wurde).
"Pipeline" sticht dabei hervor, weil es mehr Tempo hat und etwas spanisch klingt. Der Track erinnert an ein Instrumentalstück von Calexico. "Slow Hot Wind" und "And I Love Her" sind tatsächlich so schön gespielt, dass sie ein wenig Aufmerksamkeit erregten und mit ihren Harmonien einlullten. Auch hier ist das Tempo entscheidend, denn die anderen Stücke sind so langsam und monoton, dass man nicht weiß, ob man schon den nächsten Song hört, wenn man nicht ganz genau aufpasst.
Möglicherweise kann man als Pat Metheny- oder Wellness-Fan oder auch als älterer Kaminbesitzer die Schönheit von "What It's All About" würdigen. Man kann sich entspannen und dabei einschlafen oder es passiert eine paradoxe Umkehrung des Harmonie-Effekts: Man wird aggressiv und schaltet sofort ab. Wie bei abstrakter Kunst bleibt hier alles im Auge des Betrachters, bzw. im Ohr des Hörers. Für manchen mag es anspruchsvolle Kunst sein, für die andere lediglich ein gutes Schlafmittel.
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