laut.de-Kritik
The Purple One so stark wie lange nicht mehr.
Review von David MaurerAls wäre sie nicht schon unüberschaubar genug, erweitert Prince seine aberwitzig lange Diskografie nun also um zwei Alben auf einmal. Weil die Quelle seiner teils abenteuerlichen Kreativität einfach nicht versiegen will, präsentiert The Purple One natürlich keinen simplen Mehrteiler, sondern grundverschiedene Werke mit jeweils völlig eigenständiger Idee.
Zumindest auf den ersten Blick fungiert lediglich der Partysong "FunkNRoll" als Bindeglied, das den Funkrock des mit 3rdeyegirl aufgenommenen "Plectrumelectrum" mit den künstlicheren Klängen des Solo-Werkes "Art Official Age" vereinen soll und deshalb auf beiden Platten enthalten ist. Zumindest auf dem grandiosen "Art Official Age", das leichte konzeptionelle Züge aufweist, gehört der Song jedoch eher zu den schwächeren Stücken.
Das trifft auf den Opener "Art Official Cage" kaum zu. Exemplarisch für den Sound des Albums steht dieser zwar kaum, sehr wohl aber für die Kunst dahinter. Das beim ersten Durchgang fast lächerlich wirkende Monstrum aus Druckluft-Fanfaren, Dance-Beats und Disco-Klängen, das gleichzeitig nach Earth, Wind & Fire, Cascada und den jüngsten Britney-Ausfällen klingt, drückt die Faszination hinter "Art Official Age" perfekt aus: Der sexy Motherfucker vermischt alt mit neu, elegant mit trashig - und klingt dabei zu fast jedem Zeitpunkt so stark wie lange nicht mehr.
Wenn sich sein Standalone-Falsett in "Breakdown" von der ruhigen, key-untermalten Strophe zur bombastischen Hook erhebt, die von Streichern und ja, Laserstrahlen, verstärkt wird, hat man die vielleicht beste Prince-Ballade der letzten Jahrzehnte vor sich. Auch begründet in den teils traurigen, teils selbstironischen, jedenfalls aber wunderschönen Zeilen: "I used to throw a party every New Year’s Eve / first one intoxicated, last one to leave / waking up in places that you would never believe / give me back the time, you can keep the memories"
Nur zwei Tracks später schlägt Prince mit dem moderneren "U Know" eine völlig andere Richtung ein. Zwischen verschiedenen Stimmlagen pendelnd, hier und da mit dezentem Vocoder-Einsatz, macht er in der Midtempo-R'n'B-Nummer aber eine ebenso gute Figur wie im etwas flotteren "Breakfast Can Wait", das nicht minder klebrig und schlüpfrig daher kommt, als es der Titel vermuten lässt, und im mit herrlichem Achtziger-Kitsch getränkten, höchstens etwas eintönigen "This Could Be Us".
Wem das alles zu langsam ist, der findet an anderer Stelle dennoch Befriedigung: Neben dem vollkommen abgedrehten Opener lädt vor allem "The Gold Standard", auf die Tanzfläche ein - und zwar mitten zwischen Pailletten-Hemden und Schlaghosen. Den "Gold Standard" des Funk mag Prince vielleicht schon vor Ewigkeiten definiert haben. Mit seiner neuesten, wahnsinnig schwungvollen Hommage an das Hoch des Genres manifestiert er ihn aber erneut.
Nicht ganz so spektakulär, aber immer noch launig funkend präsentiert sich "Clouds", eine Zusammenarbeit mit der britischen Sängerin Lianne La Havas. Wie die meisten Stücke auf "Art Official Age" kommt auch "Clouds" natürlich nicht ohne einige charmante Trademark-Zeilen aus und meistert den prince-typischen Sprung zwischen Kitsch und Klasse gewohnt lässig: "You should never underestimate a kiss on the neck / When she doesn't expect".
Um auf Anhieb zu erkennen, was sowohl "Art Official Age" als auch den Künstler Prince im Allgemeinen ausmacht, genügt von den insgesamt 13 Tracks des Albums jedoch einer: "The Breakdown". Wer sonst könnte butterweiche Streicher und sanfte Keys mit Laser-Sounds mischen, und dabei so verdammt gut klingen?
8 Kommentare mit 22 Antworten
Er ist zurück zu Warner und liefert ein Feuerwerk an Sounds ab. So funky war sein Sound seit dem Black Album und Sign o' the Times Album nicht mehr. The Golden Standard und das überaus brilliante FunknRoll sind jetzt schon Meilensteine und im Gegensatz dazu serviert er uns The Breakdown ( zum Ende hin der Orgasmus im Falsett ist unübertrefflich ) und Breakfast can wait sind voller schlüpfriger Details. Ein rundum gelunges Album das wieder einmal zeigt warum er zur lebenden Legende gehört bzw. betitelt wird. Ich gebe volle PUnktzahl.
Mit dem hab ich gar nicht mehr gerechnet, um so besser das die "alten Hasen" es der aktuellen R´n´B - Soul - Funk Szene mal wieder zeigen wo der Hook hängt. Gehe so gar so weit das Prince hiermit einen neuen Standard setzt und das ohne Ironie. Höre nun auf, da mir nur noch Superlative einfallen.
Es muss schon eine gehörige Portion Wunschdenken mit an Bord sein, wenn man dieses Album großartig findet. "Funknroll" ist wirklich klasse, der Rest pendelt sich insgesamt auf durchschnittlichem Niveau ein. 3/5 gehen also völlig in Ordnung. Ein Meisterwerk ist das bei weitem nicht und erst recht keine Konkurrenz für "Sign o' the Times" etc. Ich hätte ja auch gern noch einmal ein Album von Prince auf diesem Level, aber wie gesagt: Wunschdenken. "Art Official Age" ist es jedenfalls ganz sicher nicht.
Hab' übersehen, dass die Review ja 4/5 gibt und nicht 3/5, also muss es "3/5 wären angemessener" heißen.
Aus meiner Sicht ein tolles Album. Auch spannender und gefälliger als "Plectrumelectrum", was ich aber auch durchaus gelungen finde. Zwar finde ich nicht, dass Sign o´the times sozusagen den "Schlusspunkt" seiner kommerziellen Phase darstellt (dann schon eher "Diamonds and Pearls"), aber sicher fragen viele: Den gibt es noch? Gut, er war mit "3121" 2006 auch noch Nr. 1 in US, aber in D?
Und ob es ein Meisterwek ist zeigt ja erst der "test of time". Ich finde, das kann man nach 3x hören sowieso nicht verlässlich sagen. Überragende Alben wachsen...
Aber trotzdem: Hut ab, Mr. Nelson!
Dieser Kommentar wurde vor 4 Jahren durch den Autor entfernt.
Album des Jahres 2014 - mit A B S T A N D!