laut.de-Kritik
Als Rage Against The Machine Head fresh Till Death.
Review von Yan Vogel25 Studioalben unter dem Banner Rage aus der Underground-Stahlschmiede aus Herne sind eine Hausnummer. Bandleader Peavy Wagner, Urgestein, Stahlträger und mit einem imposanten Selbstbewusstsein gesegnet, stellt das Missing Link zwischen den diversen Phasen dar. Die stets wechselnden Kumpels in Kutten prägen zwar den Kurs. Dennoch: Den rohen Sound der Achtziger, den Bombast der Neunziger oder den Prog Metal der Nullerjahre veredelt der gelernte Präparator mit seinen unverkennbaren Melodien und der ausdrucksstarken Stimme.
Mit "Wings Of Rage" gelang Anfang 2020 ein Streifzug durch die diversen Phasen. Die bis dato schlagfertige Truppe um Gitarrero Marcos Rodriguez und Drummer Vassilios Mainatopoulos war im Mai 2020 hingegen wieder passé. Rodriguez verließ aus privaten Gründen die Band. Wagner, in Sachen Line Up Wechsel ein gebranntes Kind, besann sich der erfolgreichen Phase zwischen "Black In Mind" und "Ghost" als Quartett und heuerte flink zwei neue Mitstreiter an den sechs Saiten an.
Stefan Weber und Jean Bormann sind zwei ausgewiesene Kenner der Metal-Materie und Meister des Krachfachs, die sowohl in der Stilkombination als auch der Integration überraschender Elemente zu überzeugen wissen. Den Hook-Hammer "Monetary Gods" versieht das Duo mit einigen exquisiten gitarristischen Schlenkern. Die subtil-platzierten Voicings verleihen dem majestätischen Refrain zusätzliche Tiefe.
"Arrogance And Ignorance" fährt im Breakdown tiefe Palm Mute-Riffs auf, ergänzt um Flageoletttöne. "Davidian" lässt grüßen. Rage Against The Machine Head gäbe eine pointierte Beschreibung des Gehörten ab. "Virginity" startet mit satter Uh-Einleitung. Die an Testament und Exodus geschulten Gitarren kulminieren in einen klassischen Heavy Metal-Refrain. Ein Rezept, das auch Kreator auf ihren beiden vergangenen Platten perfektioniert haben.
Natürlich flicht die Band ein weiteres Trademark in das Klangbild ein. Die Orchester-Arrangements kommen vielseitig und gekonnt zum Einsatz. Ob die Klassik-Klammer in "Age Of Reason" oder die durchgängige Begleitung im Titeltrack, stets schwingen Lingua Mortis-Erinnerungen mit. Schön auch die Bezeichnung des ersten Tracks als "Overture". Die thematische Einführung in das lyrische Konzept gelingt mit diesem einen Wort brillant, steht doch die Menschheit im Zeichen der Krisen namentlich an Corona, Klimawandel und Armut festzumachen mal wieder an einem Scheideweg zwischen Fortbestand und Resterampe.
Richtig ins Schwarze trifft Peavy mit der Ballade "Black Room", in dem sich die orchestrale Begleitung beindruckend und eindringlich mit der Rockband vermählt. Die Krönung erfährt die Nummer durch das Solo, das ein wenig dem großen Finale der Gunners-Megaballade "November Rain" nachempfunden ist, mirakulös und muskulös gleichermaßen.
"Extinction Overkill" ist sowohl vom Titel wie von der Machart her der perfekte Abschluss und klingt wie das uneheliche Kind von James Hetfield und Kerry King, Dauerbeschallung mit "Bonded By Blood" im Mutterleib inklusive. Den Innovationspreis gewinnen Rage mit ihrer bewussten Old School-Ausrichtung nicht. Angesichts der personellen Impulse mag man sich ein Ende nicht vorstellen. Mögen sie noch lange rocken, agiert der Ruhpott-Vierer doch nach wie vor Fresh Till Death.
1 Kommentar
Beste Album seit langem finde ich richtig gut.