laut.de-Kritik
Zeitlose Symbiosen aus Soul, Funk, Disco und Jazz.
Review von Dani FrommKaum etwas besitzt, in der Musik wie im Leben, vergleichbare Bedeutung wie perfektes Timing. Ein ansprechender Titel also, den der unter dem Alias Recloose operierende Matt Chicoine für seinen Longplayer wählte - und ein treffender.
Ein wenig aus der Zeit gefallen wirken die Symbiosen aus Minimoog-Sounds, Bläsern und Percussion, aus Soul, Disco, Funk und einer Spur Jazz. Elektrogefrickel trifft auf schlichte Melodien, zuweilen auf Gesang.
Brandaktuell? 30 Jahre alt? Ohne Beipackzettel ließe sich eine Datierung nur schwer vornehmen. Zeitlosigkeit gilt allerdings in den seltensten Fällen als Makel und verströmt auch hier einen Zauber, der den Ruf nach musikalischer Innovation gar nicht erst laut werden lässt.
Was anfangs kurzzeitig nach Grüßen vom Hühnerhof tönt - Marcelo Prettos gackernder Scat-Gesang nämlich - wächst sich in "Catch A Leaf" rasch zu einem überaus ordentlichen Groove aus. Rachel Fraser greift hier und darüber hinaus ein weiteres Mal in "Daydream" zum Mikrofon. Ihre angenehm dunkle, so gar nicht überkandidelte Stimme rahmt das Geschehen ein.
Der erste Eindruck zieht sich durch die komplette Spieldauer: Leicht angestaubte Technologie und organisch gewachsene Klänge reichen sich die Hand, verschmelzen schließlich zu lässig entspannten, nichtsdestotrotz grandios tanzbaren Nummern, die jedem Disco-Set bestens zu Gesicht stehen.
Ob Gitarre oder Cowbell, Handclaps oder Scat-Einlage, knarzende Bässe, Synthies, Hammondorgel, gedämpfte Bläser oder dicke Drums: Jedes Element findet seinen Platz. Plastik und Schweiß, Funk und Space-Night-Soundtrack widersprechen sich seltsamerweise kein bisschen. Der klaffende Kontrast unterhält vielmehr auch deutlich über die Fünf-Minuten-Grenze hinaus.
Die klare Stimme Genevieve Marentettes, die in "Red Road" ein wenig verwaschen, wie betrachtet durch geriffeltes Glas erscheint, bleibt ein Souvenir aus Detroiter Tagen. Abgesehen davon brachte der Umzug ans Ende der Welt vor allem eins: weitere exquisite Vocals.
Recloose arbeitet mit Tyna Keelan, dessen vor Soul triefendes Organ das Prädikat "So Cool" mehr als verdient. Zudem holt er sich Joe Dukie von Neuseelands gefeiertster Live-Formation Fat Freddy's Drop ins Boot. Das Resultat "Deeper Waters" gerät gediegen, zugleich jedoch gekennzeichnet von einer unbeschwerten Leichtigkeit. Nicht aufregend, aber das muss es manchmal gar nicht sein.
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