laut.de-Kritik
Spinnweben an der Skiptaste.
Review von Ulf KubankeRobert Coyne stellt als Singer/Songwriter einen echten Glücksfall dar. Bereits sein Ende 2010 erschienenes Debüt "Woodland Conspiracy" steckte voll schicker Songminiaturen. Die vorliegende zweite Platte "The Obscure Departure" geht noch einen Schritt weiter. Mit leicht erweitertem instrumentalen Rahmen und Cans Jaki Liebezeit an den Drums gelingt dem Engländer ein noch intensiveres Klangerlebnis. Nicht nur für Freunde von Nick Drake.
Von der ersten bis zur letzten Minute verströmt das Album eine lagerfeuerartige Wärme, die den Hörer behutsam aber fordernd in ihren Bann zieht. Bis hin zur dramaturgisch elegant angelegten Reihenfolge der Tracks findet alles seinen Platz im Gesamtkunstwerk. Da setzt die Skiptaste Spinnweben an.
Verspieltheit und Schwermut reichen einander die Hände. Coynes Keyboard und das effektiv eingestreute Cello ("White Residue") bleiben seltene Gäste, deren eher hintergründige Präsenz die Dominanz von Gitarre und Trommeln nicht in Frage stellt. Sogar Liebezeit (17 Hippies) gibt eine auffallend zurückhaltende Vorstellung. Genau hierin liegt seine Perfektion. Wo sein Motorik-Beat auftaucht, bleibt er treibend, ohne das sensible Songgefüge zu erdrücken. In einzelnen Passagen oder Tracks, deren Dramaturgie keine Drums erfordert, fehlen sie einfach ganz.
Die Bezeichnung des Albums als 'Coyne und Liebezeit' ist insofern ein wenig irreführend gewählt und womöglich eher dem gegenseitigen Steigbügel der Public Relations geschuldet. Eine Autorenschaft über das uhrwerkähnliche Hinzufügen präziser und routinierter Drums geht der Beitrag - wie schon kürzlich bei der aktuellen Sankt Otten-LP - nicht hinaus. Jeder Ton, jede Nuance, jedes Gefühl: Alles klingt erkennbar nach Coyne und dessen folgerichtiger Fortsetzung des bereits so überzeugend eingeschlagenen musikalischen Weges.
So bleibt alles songdienlich und immer perfekt zugeschnitten auf den Spirit Robert Coynes. Das ist gut so. Denn dieser hat mit seinem unkonventionellen Gitarrenstil und dem sehr ästhetischen warmen Gesang so einiges an spezieller Ausstrahlung zu bieten. Zusammen mit den teils introspektiv gehaltenen sehr poetischen Texten spürt der Hörer mitunter einen leichten Hauch von Nick Drakes "Pink Moon"-Intimität.
Die Stimmung reicht in ihrer Bandbreite von eher in sich gekehrten Nummern wie dem hochgradig einprägsamen "21st Century Magic" bis hin zu schamanisch rhythmischem Chanten ("White Residue"). Mit den sehr bildhaften Gitarrenfiguren kontrastiert Coyne in heller Klangfarbe solch nahezu in Orwells sozialkritischer Düsternis gewandete Lyrics wie "We are ready to let you go./ You're Kind of clean. It isn't the clean./ We won't be needing you. You need a firm hand."
Jedem sei dieses schöne dutzend Lieder ans Herz gelegt. Zumindest jedem, der sich im Genre Singer/Songwriter oder Folk nach einem Hörerlebnis sehnt, das sich jenseits der üblichen Verdächtigen mit ihren großen Namen abspielt. Ob mit oder ohne Liebezeit: Robert Coyne ist musikalisch schon jetzt so gut wie sein Vater Kevin und andere Ikonen.
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