laut.de-Kritik
Weltverbesserung zwischen Bottleneck und Pentatonik.
Review von Emil DröllSlash hat den Blues. Und zwar so richtig. Nach der letztjährigen Cover-Platte "Orgy Of The Damned" legt der Zylinderträger nun nach – wieder Covers, diesmal aber live. "Live At The S.E.R.P.E.N.T. Festival" heißt das Ding, aufgenommen im Sommer 2024 beim hauseigenen Festival gleichen Namens, das Slash ins Leben rief, um Gutes zu tun: S.E.R.P.E.N.T. steht für Solidarity, Engagement, Restore, Peace, Equality N' Tolerance. Ein bisschen Weltverbesserung zwischen Bottleneck und Pentatonik – warum denn nicht.
Begleitet wird der Meister von seiner Blues-Truppe Slash's Blues Ball. Eine Truppe, die eher Bar als Stadion denkt – und genau das tut dieser Platte gut. Schon das "Intro" bringt mitten rein in den Abend: eine kurze Ansage, Jubel, und zack, die Band rollt los. "Parchman Farm Blues", ursprünglich von Bukka White, legt den Grundstein. Wo das Original noch staubig-minimalistisch daherkommt, prescht die Slash-Version mit Schwung und Schmutz nach vorne – Bluesrock deluxe, aber ohne peinliche Stadion-Attitüde. Der Mann weiß, was er tut. Sänger Teddy Andreadis röhrt dazu, als hätte er zwanzig Jahre Zigaretten und Bourbon im Hals gelagert.
"Killing Floor" kennt man noch vom Vorgänger, damals mit Brian Johnson. Live klingt's rauer, weniger perfekt, aber genauso ehrlich. "Born Under A Bad Sign" zeigt, wie feinfühlig Slash spielen kann. Jeder Ton sitzt, aber nichts wirkt geübt. Der Typ macht das im Schlaf, und trotzdem spürt man: Er liebt jeden Ton. Bei "Oh Well" (Fleetwood Mac) geht dann endgültig die Sonne auf. Der Song war immer schon mehr Rock als Blues, aber hier bekommt er Herz, Schweiß und einen dicken Schuss Leidenschaft. Ghostnotes, Cowbell, Les Paul-Glühen – man hört fast das Publikum grinsen.
"Big Legged Woman" (Freddie King) gönnt Andreadis ein bisschen Rampenlicht, bevor "Key To The Highway" und "Papa Was A Rollin' Stone" das Set in soulful Gefilde treiben. Gerade letzterer Song ist ein kleines Live-Highlight - fette Percussion, Gitarren, die miteinander reden, statt sich anzuschreien.
"Stormy Monday" entschleunigt, lässt Raum, Luft und Gefühl. Hier hält sich Slash zurück, Andreadis singt mit Seele, und plötzlich ist da dieser Moment: Blues als Katharsis, nicht als Pose. Dann kommt "Metal Chestnut" – der einzige eigene Track, schon auf "Orgy Of The Damned" zu hören. Live wächst das Ding: ein bisschen Southern-Rock-Drama, ein bisschen "Free Bird"-Vibe, und am Ende steht ein Solo, das so melodisch ist, dass man fast weinen möchte. Danach geht's wieder tief in die Geschichte: "Crossroads", "Stone Free", "It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry", und zum Schluss "Shake Your Money Maker". Ein Song, der die ganze Platte auf den Punkt bringt: Spielfreude, Groove, Energie, Party. Genau so soll Blues 2025 klingen.
Unterm Strich ist "Live At The S.E.R.P.E.N.T. Festival" kein Gitarrenmasturbations-Zirkus, sondern eine echte Liebeserklärung an den Blues – roh, warm, direkt. Man merkt, dass Slash hier nicht den Rockstar spielt, sondern einfach wieder der Typ mit der Les Paul sein will, der einst in schummrigen Clubs die Welt vergessen hat.
Natürlich hätte man sich ein oder zwei eigene Songs mehr wünschen dürfen (Banger gibt's reichlich!), aber das ist Meckern auf hohem Niveau.
Slash hat Bock auf Blues, und man hört's in jeder Note. Eine Platte, die nichts beweisen will, und gerade deshalb überzeugt.


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