laut.de-Kritik
Im Album-Kontext macht das Wirrwarr nur bedingt Spaß.
Review von Thomas HaasDie Releaseflut des deutschen Produzententeams Snowgoons reißt nicht ab. Nach diversen Samplern und Kollabo-Alben steht nun die Auffrischung ihrer 2009er-Platte "German Snow" an, die zum Ziel hat, deutschen und amerikanischen Rap auf Track- wie Albumlänge in Einklang zu bringen. Doch was bisher nur in Ausnahmefällen gelang, fruchtet auch auf "Gebrüder Grimm" – wenn überhaupt – nur bedingt.
Das schnell ausgemachte Problem: anders als noch auf dem monumentalen Weltuntergangs-Epos „Black Snow 2“ fehlt "Gebrüder Grimm" ein leitendes Motiv, das die Parts der wiedermals zahllosen Rapper nicht völlig zusammenhanglos dastehen lässt. Stattdessen entpuppt sich die Platte fast als Sammelsurium angestaubter Überbleibseln der letzten jeweiligen Album-Sessions. Ob das nun halbgare Battlerap-16er (B-Tight), hängengebliebene YOLO-Hasstiraden (Antihelden) oder plakative Gesellschaftskritiken (Marph) sind – im Album-Kontext macht dieses Wirrwarr nur bedingt Sinn und noch weniger Spaß.
Daran ändern auch die raren Ausnahmen nahezu nichts. Auch wenn R.A. The Rugged Man in seinem komplett in deutscher Sprache (!) gerappten Track von seinem Village "Siegelsbach" erzählt und sich als "Spätzleesser" outet und damit wohl zumindest den unterhaltsamsten Teil der Platte beisteuert – rein musikalisch gesehen übertreffen die Snowgoons weder ihr bisheriger Œuvre, noch reißen sie sonderlich neue Horizonte auf.
So verwundert es wenig, dass weiterhin opulente Kopfnicker-Instrumentale die Produktionen dominieren. Im Gegensatz zu dem ansonsten überwiegend düster-epochalen Soundbild drängen sich diesmal aber auch auffällig viele zurückgelehntere Beats in den Vordergrund, die sich gleichzeitig den nötigen Druck bewahren, um nicht vor sich hinzuplätschern. Vorhersehbar bleiben sie dabei aber allemal.
Ihre besten Momente hat die Platte somit bezeichnenderweise genau dann, wenn sie sich auf Altbewährtem ausruht. Etwa wenn das bereits erprobte Tag-Team Ill Bill & Morlockk Dilemma über brechend-finstere Bässe fegt oder Lakmann One samt Witten-Entourage mithilfe von feinen Cuts soliden Oldschool-Flavor beschwört. Ausflüge in fremdes Terrain wie das von Gitarrenriffs getragene "Pakt Mit Dem Belzebub" enden dagegen zumeist in einer Idee von Hip Hop, die vieles, nur nicht im Jahr 2015 angekommen ist.
Und das wird den Fähigkeiten der Snowgoons in keinster Weise gerecht. Vielleicht wäre das zur Hälfte aus deutschen Mitgliedern bestehende Quartett besser beraten, sich auf konzentriertere Veröffentlichungen zu besinnen, die dafür von motivierten Artists, einem stringenten Konzept und musikalischer Losgelöstheit von festgefahrenen Mustern getragen werden. Wie das funktioniert, haben die sie doch eigentlich schon bewiesen.
2 Kommentare
Album geht gut ab !
Ich find die Platte eigentlich auch recht gelungen. 3/5 hätten es sein können.