laut.de-Kritik

Mad, madder, Sparks!

Review von

Immer schön zu sehen, wenn Mut belohnt wird. Vor allem, wenn es sich um eine so kläglich unterschätzte Band wie die Sparks handelt. Während der Kollege Robbie Williams aus Angst vor der Konkurrenz sein Album um Monate verschiebt, trotzten Ron und Russell Mael dieses Jahr einigen "hochkarätigen Neuerscheinungen, Comeback-Acts und großen Streamern", wie man sich beim Sparks-Label Transgressive erinnert.

Mit Erfolg: Am Ende verdrängte Sabrina Carpenter mit gerade mal 700 Einheiten das 28. Sparks-Album "Mad!" im Mai auf den zweiten Platz - es war ihr größter UK-Chartserfolg seit 51 Jahren ("Kimono My House" erreichte Platz 4). Die überglücklichen Brüder meldeten sich aus ihrer Heimat Kalifornien gewohnt geistreich: "We will continue - to paraphrase a certain band, Sparks - to do things our own way." Seitdem ist einiges passiert: Ihre Welttournee in Asien und Europa wurde eine einzige Erfolgsstory, Keyboarder Ron 80 Jahre alt und Damon Albarn bat um eine Gorillaz-Koop ("The Happy Dictator").

"Madder!" ist die erste EP ihrer niemals endenden Karriere, doch ein In-Your-Face-Erlebnis, wie das Cover suggeriert, bleibt aus. Vielmehr bieten die vier Songs auf "Madder!" more of the same, was angesichts des aktuellen Studioalbums keine schlechte Nachricht darstellt. Naheliegender wäre nur ein Livealbum gewesen, denn "Two Hands, One Mouth" erschien 2012 abseits öffentlicher Beachtung. Dennoch: Es ehrt das Duo, hier keine Reste zu verwerten, die als zu schlecht für "Mad!" erachtet wurden. Es sind vier neue Songs, eingespielt vor dem Start ihrer noch laufenden US-Tour.

Gewohnt schräg und eigenartig begrüßen sie uns in "Porcupine", wo Russell für etwas unzugänglichere, womöglich ruppigere Zeitgenossen eine Lanze bricht. Verpackt in eine Lovestory kommt er zu dem Schluss: "Rough around the edges, you might say / Nothing wrong with that is what I'd say (...) she's fine / she's a porcupine." Ein flötendes Synthriff wie aus dem ganz frühen Erasure-Baukasten treibt die gewöhnungsbedürftige Nummer an, aber wie sagte schon Jack Antonoff: "All pop music is rearranged Vince Clarke and rearranged Sparks."

"Fantasize" dürfte all jene abholen, die sich vor allem für die düsteren Sparks begeistern. Der Song erinnert strukturell an ihre orchestralen Ausflüge, ist on point produziert und zieht seine Faszination vor allem aus Russells "No, no, no, no, no, no, no, no"-Endlos-Mantra. "Mess Up" wiederum ist wieder einer ihrer irren Karusselfahrten und hätte wohl selbst "Mad!" aus den Angeln gehoben. Im Text zählt Russell peinliche Vorfälle auf und erwartungsgemäß findet man darin wieder einige Spitzenlines: "Phoning in sick 'cause you're laid up / Boss sees you racing your Ram truck / Now you're laid off, what a mess up."

"They" nimmt zum Abschied wie inzwischen gewohnt das Tempo raus, eine Art Belohnung nach überstandener Tour de Force. Eingängig, angenehm, wirkt diese Nummer doch wie eine alte Bekannte, irgendwo zwischen "Left Out In The Cold" und "Not That Well-Defined".

"Madder!" ist als verzierendes Dessert zum "Mad!"-Menü zu begreifen, als Geschenk zweier rüstiger Tour-Rentner und ein weiterer geglückter Versuch, Unkundigen Gründe für die Langlebigkeit dieser Gruppe zu liefern. Mad, madder, Sparks! Oder in Alfred E. Neumanns Worten: Lechz, hechel.

Trackliste

  1. 1. Porcupine
  2. 2. Fantasize
  3. 3. Mess Up
  4. 4. They

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