laut.de-Kritik
Der Odd Future-Musiker gibt R'n'B einen neuen Push.
Review von Franz MauererDas Universum glaubt nicht an Zufälle, sagte mir mal jemand. Dass mit Brent Faiyaz' Wasteland gerade eines des besten, sleaziesten, abstoßendsten R'n'B-Alben der letzten Jahre erschienen ist, während quasi zeitgleich Steve Lacy mit "Gemini Rights" und Lob von Yeezy himself die Bühne betritt, scheint diese Meinung zu bestätigen. "Apollo XXI" war ein tolles Album, fühlte sich aber nicht völlig losgelöst an. Odd Future-Musiker sind ja durchaus bekannt dafür, ihr absurd großes Potenzial aufgrund der eigenen Überkopftheit nicht immer abrufen zu können. Mit "Gemini Rights" löst Lacey sein eigenes Versprechen immerhin zu Dreiviertel ein.
Dabei fühlt sich "Gemini Rights" immer noch typisch Lacy an, wie eine besoffene, superspäte Jam-Session in einem Studio, in dem genau eine windschiefe Gitarre rumliegt und einer am Synth bastelt. Das Gitarrenspiel dominiert "Gemini Rights" in einem Ausmaß, das man gar nicht genug betonen kann, da das völlig organische Interagieren mit R'n'B-/ Hip Hop-Beatgrundstruktur auf wundervollen Songs wie dem flehenden "Helmet" quasi durchgehend funktioniert. Immer dann, wenn Faiyaz die Ausfahrt Richtung Bass und Break nimmt, biegt Lacy samt Gitarre konsequent in die Gegenrichtung ab, fokussiert nach vorne, so voll wie auf "Helmet" wird es gar nicht oft. Mit wie wenigen Fingerzeigen Lacy auf "Static" und "Buttons" große Gefühle evoziert, ist beeindruckend.
"Gemini Rights" hört sich stets pushend und lebendig an, zuvorderst im Mittelstück und Überhit "Bad Habit", der ist so Pop, wie R'n'B es nur sein kann. Auch das Richtung Gipsy Kings oder aus Lacys Perspektive wohl eher Calexico schielende "Mercury" zeigt eindrucksvoll, mit welchem Kaliber man es hier zu tun hat. Der frühe Mac DeMarco kommt einen des Öfteren in den Sinn, denn dessen Soundverständnis und Gespür für Hooks scheint an einigen Stellen durch. Insgesamt gibt Lacy in der ersten Hälfte von "Gemini Rights", aktuellem R'n'B einen neuen, interessanten Push - der gute Mann ist übrigens immer noch erst 24.
Höhere Weihen bleiben "Gemini Rights" nur deshalb, aber eindeutig versagt, weil die zweite Hälfte nicht mit dem ultrastarken Beginn mithalten kann. Der "Cody Freestyle" fühlt sich als Ambient-Rap-Song deplatziert und eher in die Länge gezogen an, in "Amber" gerät Steve ins bar-selige Schunkeln. Bei "Sunshine" berappelt er sich wieder ordentlich, erreicht aber trotz tollem Gitarrenspiel nicht das Songwriting-Niveau der ersten Hälfte. Diese Songs eint, dass sie dem Konzept von "Gemini Rights" als Trennungsalbum dienen und das nicht immer authentisch wirkende Narrativ inhaltlich stärker vorantreiben, als es die anderen Songs tun; vielleicht fallen sie deshalb stärker aus dem anfangs so souverän gesetzten musikalischen Rahmen, Lacy verhebt sich an Inhalt und Form zusammen etwas.
4 Kommentare
Saustarke Platte!
Bin gespannt. Werd später mal reinhören.
Wenn das ein neuer Push sein soll, dann gute Nacht RnB.
Ich persönlich finde jeden Track sehr gut gelungen!
Mal sehen, was Steve sonst noch auf die Beine stellt.