laut.de-Kritik
Lass das mal den Papa machen, der Papa macht das gut.
Review von Martin TenschertSven Väth beweist mit seiner Cocoon-Reihe auf Ibiza seit 2000, dass sich auch Nicht-Engländer ein Standing auf der Insel erarbeiten können. Dazu führten natürlich die gute Marketing- und Veranstalterarbeit, die Deko und das grandiose Booking auf Weltniveau.
Nicht zuletzt aber sind die jeweils zur Saison erschienenen Compilations, vom Babba höchstselbst gemixt, ein Grundpfeiler dieser Entwicklung. Egal, ob man im jeweiligen Jahr beim Feiern live dabei war oder nicht, diese Werkschauen transportierten immer einen gewissen Vibe, das Familiengefühl, das bei Sets des asketischen Arbeitstiers entstand. Und diese Tradition führt auch die 17. Ausgabe der Reihe fort.
26 Tracks, state of the electronic art, wie immer verwoben im eleganten Spannungsbogen. Es hat schon seinen Grund, warum Väths Sets so frenetisch gefeiert werden, und das nicht nur auf hauseigenen Veranstaltungen, wo selbst seine coole Mama mit einem Gläschen Sekt am Pult mitfeiert. Vielmehr hat sich in über 30 Jahren Musikbusiness einerseits eine Professionalität etabliert, die alles in den Bahnen hält: Keine übertriebenen Exzesse, doing the job, turning the knob. Trotzdem ist da aber auch noch die Liebe zum Rave, der Abfahrt und Hingabe, die dafür sorgt, dass das Ganze nicht zum Abspulen routinemäßiger Abläufe verkommt.
Die erste Disc ist wie gewohnt dem eher chilligen Vibe des Tageslichts verpflichtet. Tracks wie "Dream Yourself Awake" von Pantha Du Prince oder Rippertons "Ordine Gigante", um nur zwei Beispiele zu nennen, sprechen für herausragende Qualität und Svens breitgefächerten Geschmack. Ein besonderes Schmankerl ist das Roman Flügel-Rework des Synthpop-Klassikers "Electric Salsa" seiner alten Band Off, als deren Sänger Väth in den 80er Jahren zu Weltruhm gelangte. Roman setzt auf einen Killer-Groove und verpasst dem Track einen zeitgemäßen Anstrich, ohne das Flair des Originals zu sehr zu verfälschen.
Neben solch eher ungewöhnlichen, aber eben der persönlichen künstlerischen Entwicklung geschuldeten popularmusikalischen Ausbrüchen, ist der Rest dann wieder Exklusives à la Omar S, der mit dem Stück "Heard'chew Single ft. John FM" seinen Beitrag leistet. Souliger Piano-House kann also auch unkitschig sein.
CD 2 legt dann noch ordentlich zu vong Techno her und führt schnurstracks in die Nacht und den Dancefloor. Der Berliner Keinemusiker Adam Port verdeutlicht diesen Übergang gleichsam mit dem Liedtitel "Sonnenfinsternis", der knisternde Drums und einen discoiden Hi-NRG-Vibe featured. Diesen Groove greift Damian Lazarus' "Trouble At The Séance" auf und führt ihn weiter in Richtung Pumping House. Der Babba ist natürlich auch wieder vertreten, und zwar im superben Remix des kompakten Neotrancers Kölsch.
Und selbstredend tritt das untrügliche Gespür für Hits des Frankfurter Ayurveden zu Tage: "Mutter" von Konstantin Sibold, einer DER Tracks der Saison, bildet den würdigen Abschluss. Eleganter Trance abseits von Stadiontröte und hängender CD. Die Cocoon-Tradition dreht auch in der 17. Ausgabe nicht hohl. Frische Aromen, internationale Küche, nur natürliche Geschmacksverstärker. Bernd Stromberg hatte recht. "Lass das mal den Papa machen, der Papa macht das gut."
2 Kommentare
http://www.theshrine.de/
gut dass laut.de sone starke hiphop und alternative/metal community hat!
electro und pop wird hier regelrecht downgeratet! was ich als fred durst fan gar nicht so schlecht finde
gruß
jerrywise