laut.de-Kritik
Midaz' Raps schwimmen oben wie mit Schwimmflügeln.
Review von Alexander AustelBereits das kaleidoskopartige Cover lässt erahnen, was da Psychedelisches auf einen zurauscht. Wie auch die vielen bunten Glasstücke aus dem Kinderspielzeug, ergeben all die russischen Samples und die oft roh geschnittenen Loops ein verwunderliches bis beeindruckendes Ganzes. Und nach jedem Durchlauf erwarten einen unerwartete weitere Klangbilder.
Der Beat-Nerd mit kalifornischen Wurzeln und East Coast-Credibility zaubert aus den Tiefen des UdSSR-Prog- und Jazzrock ein Album-Mixtape im klassischen Sinne zusammen. Der rote Faden nimmt das ausladende Gitarrenspiel an die Hand und führt es von Track eins bis dreißig. Dazwischen treffen jazzige bis soulig angehauchte Elemente auf schwindelerregende Sechssaiter-Töne. Die Zwei-Minuten-Marke knackt Al selten - ganz nach klassischer Dilla-Manier.
Es rasselt. Es plätschert. Es verstört. Es erinnert an Soul. Es kommt ein Saxophon darin vor. Die Sound-Collagen von "Don Seymour's Theme" überschreiten sämtliche Grenzen der eingängigen und standardisierten Boom Bap-Beats und kreieren stattdessen eine ausufernde Klangwelt, wie sie im Hip Hop selten zu finden ist. Trotzdem gehen die Raps von Midaz nicht unter. Er behauptet sich, schwimmt oben wie mit Schwimmflügeln.
Die Themen und Sound-Skizzen der Instrumental-Songs gehen so flüssig ineinander über wie die Wolga ins Kaspische Meer. Jeder Song baut aufeinander auf, bildet ein Glied in der Kette und ist außerhalb dieses Klang-Spektrums nur schwer verträglich genießbar.
Der Hip Hop-Aspekt lugt zwar dank der Drums immer wieder frech um die Ecke, doch ansonsten rudert Alchemist auch in völlig fachfremden Gewässern herum und verliert sich in den Weiten der russischen Musikwelt. Aus dieser reißt er sich immer dann heraus, wenn er die Vorlage für einen seiner vielen Gäste liefert. Die Beats überschreiten nie die Unrapbarkeit. Damit macht die Platte vor allem dann Spaß, wenn sich beispielsweise Danny Brown und Schoolboy Q darüber auslassen, wer der angesagteste Clown im Rap-Zirkus ist ("Fight Confirmation").
Das solide Evidence-Feature ("Never Grow Up") schreit förmlich danach, dass die beiden ihr "Step Brother"-Projekt weiter vorantreiben. Fashawn flowt einmal quer von 'oooooohhhhh-Chören über Trompeten-lastiges Terrain bis hin zu simplen HiHat- und Snare-Loops. "Oleg's Flight": Ein musikalisches Auf und Ab. "This fast life is Russian Roulette / only waiting when / if you do it to death."
Die flirrenden Gitarrenläufe und die mit unseren Ohren schwer kompatiblen und sperrigen Sounds pflügen sich so ungestüm durch die Beats, dass es zeitweise einer Anstrengung gleichkommt, zuzuhören. Das Grundkonzept ist stimmig, spannend und vielseitig; die Gästeliste klug und qualitativ erstellt. Doch etwas Zurückhaltung hätte dem Rohdiamanten den Feinschliff verpasst.
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