laut.de-Kritik
Die kleine Raupe Nimmersatt mutiert zum Ohrwurm.
Review von Jasmin LützUff, das hat lange gedauert, bis The Apples In Stereo endlich mit einer druckfrischen Platte rausrücken. Fünf Jahre brauchten sie, um ein neues Label für sich zu entdecken. Und jetzt haltet euch fest, welcher Promi hat wohl extra für die fröhlichen Äpfel Simian Records gegründet? Ja, der Herr der Ringe-Star Elijah Wood höchstpersönlich. Er zählt schon lange, als großer Fan der Band aus Denver. Darauf erscheint nun "New Magnetic Wonder", das offizielle sechste Album - schöner kann ein amerikanischer Indietraum nicht klingen.
Das Warten hat sich mehr als gelohnt. 24 energiegeladene Hymnen, die zum Mitreisen animieren. In die magnetische Wunderwelt von Robert Schneider, dem Joey Ramone des Indiepop. Eine saftig süße Kreation zum Mitsingen. "Can You Feel It?" summt es als Erstes durch die Lautsprecher, "Turn up your stereo", aber gerne, "It makes you feel good", und wie! Die Stimmung lässt nicht nach. Der harmonierende Denver-Clan, bestehend aus den Familienvorsitzenden Eric Allen, John Hill, Hilary Sidney und Hit-Pilot Robert Schneider, schreitet selbstbewusst von einem Tanzschritt in den nächsten.
"Energy" und "Play Tough" bahnen sich bitte sofort ihren Weg in die Top 5 der englischen Charts. Es wäre lediglich eine Sünde, derartige Freudentaumel-Kompositionen nicht in die Dauerrotation zu entlassen. Bog soll euch strafen, wenn ihr dieser Band nicht aufmerksam zu hört.
Energy: "C'mon, all 2gether now. Clap your hands and say yeah, sing: And the world is made of energy/and there's a light inside of you...!" Melodien bis zum Abwinken, aus dem Singalong kommt man gar nicht mehr heraus. Im "Sunndal Song" kommt die Dame des Hauses zu Wort: And so when you're down/i'll lift you up/I'll be the one ...!" Hilary ist demnach für die sonnigen Momente auf dieser Platte zuständig ("Sunday Sounds"). Da treffen sich Blondie und Camera Obscura zum Sommer-Shopping. Hier steht keiner auf komplizierte Songstrukturen. Gitarre, Bass, Schlagzeug, Kaugummi – und los!
Nach nicht mal zwei Minuten ist man drin im New Magnetic Wonder, dem lang erarbeiteten Schlaraffenland von Showmaster Robert Schneider. Einmal quer durch die Musiksinfonie mit Mellotron und Blasorchester. Die kleine Raupe Nimmersatt mutiert hier zum Ohrwurm und frisst sich über eine Stunde durch ihre Lieblingsäpfel. "Sun Is Out", come on check it out! Eine Liedzeile reicht für einen Hit, und was einfache Textstrukturen angeht, die trotzdem ans Herz gehen, da lieferten bereits The Beatles mehr als genug Stoff.
Von The Beach Boys, Phoenix, Pavement bis hin zum Spätwerk von Oasis sind hier alle guten Launen aus dem Pop'n'Roll-Bereich vereint. Nach dem letzten Partyalbum "Velocity Of Sound" geht die Fete 2007 nun endlich weiter und endet hoffentlich nie.
57 Kommentare, davon 53 auf Unterseiten
... ein Knüller des Albums besteht ja darin, dass Neutral Milk Hotel-Gründer Jeff Mangum auf der Gastmusikerliste auftaucht: Drums, Handclap, Backing Vocals und Cow Object ( was zum Teufel soll das sein ??? ) Wird aber ohnehin nur ein Gag am Rande sein...
Man kann sich das Album komplett auf der Bandhomepage anhören. Habe ich zweimal getan. Nach eigenem Bekunden (laut Schneider) wollen sie den Geist der Mitte-Siebziger aufleuchten lassen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Electric Light Orchestra wird explizit als Haupt-Inspirationsquelle genannt. Deshalb stimmt es zwar schon, dass die Songs eine einfache Struktur haben, eher simple (wenn auch schöne) Melodien verwenden und in der Beatles-Tradition stehen, aber von "Gitarre, Bass, Schlagzeug, Kaugummi – und los! würde ich dennoch ganz und gar nicht sprechen. ELO und Jeff Lynne stehen ja vor allem für total überproduzierten Orchestral-Sound. Und auch auf "New Magnetic Wonder" werden bis zu 96 Sound-Spuren übereinandergeschichtet. Wie TheSecrets in einem anderen Thread schon sagte: "Fett" ist da der passendere Ausdruck. Mich nervt das mit der Zeit allerdings etwas.
Als E6-Band machen "Apples in Stereo" aber natürlich nicht wirklich ein süßliches Orchester-Pop-Album. Sie konterkarieren das Ganze, indem sie ein geschätztes Dutzend experimenteller 30-60-Sekunden-Stücke dazwischenstreuen. Darunter so schräge Sachen wie "Non-Pythagorean Composition, Pt. 3" (angeblich hat sich Schneider wohl wirklich eine Art Eigenbau-Harmonielehre dafür gebastelt). Ohne dieses Element schrägen Humors würde das Ganze sicher etwas zu sehr in diese Lynne-Ästhetik (man höre dazu mal zum Beispiel Tom Petty Anfang der 90er, auch von Lynne produziert) abrutschen. Und ansonsten hätte die Referenz an Neutral Milk Hotel auch keinen Sinn.
Die Review hört sich jetzt so an, als wäre das Album ausschließlich eine Sammlung schön-harmloser und leichthändiger Popstücke für einen Sommer-Sonntag.
@Kukuruz (« ... ein Knüller des Albums besteht ja darin, dass Neutral Milk Hotel-Gründer Jeff Mangum auf der Gastmusikerliste auftaucht: Drums, Handclap, Backing Vocals und Cow Object ( was zum Teufel soll das sein ??? ) Wird aber ohnehin nur ein Gag am Rande sein... »):
ist er vielleicht auch für dieses wawawa-ding zuständig? zu hören zBsp in "7 stars" im refrain und natürlich bei "vocoder ba ba" - unter umständen ist das ja ein cow object in der umgangssprache...
Zitat («
Die Review hört sich jetzt so an, als wäre das Album ausschließlich eine Sammlung schön-harmloser und leichthändiger Popstücke für einen Sommer-Sonntag. »):
da muss ich dir zustimmen. die review fand ich irgendwie verwirrend, so sommeresk wie dort beschrieben find ich das album nicht, allerdings auch nicht so unsagbar vielschichtig, verkopft und komplex wie du (wenn ich dich überhaupt richtig verstanden habe).
@the Secrets (« so sommeresk wie dort beschrieben find ich das album nicht, allerdings auch nicht so unsagbar vielschichtig, verkopft und komplex wie du (wenn ich dich überhaupt richtig verstanden habe). »):
... nein nein, als "verkopft" oder "komplex" empfinde ich es überhaupt nicht. Sie nehmen sich vor, auf eine ganz bestimmte Art zu klingen, so stehts ja auch in den Liner Notes: "70's AM radio-esque". Und genau das tuts ja auch. Mit Hilfe zahlloser Klanghinzumischungen, Übereinanderschichtungen, Soundverfremdungen usw. Ich will ja nicht wissen, wie lange die Produktion dieses Albums gedauert hat. Dass dabei dennoch eine so frohsinnig stimmende Pop-Melange herauskommt, ist halt die Kunst an der Sache. Aber dennoch: Leichtgewichtig kann man so was nicht gerade nennen.
Im Unterschied zu einem vergleichbaren reinen Pop-Album wie "Rings Around The World" von den Superfurry Animals streuen sie jetzt noch diese komischen Sound-Collagen ein. Was soll man davon halten? Es muss einem nicht gefallen, aber ignorieren kann man's auch nicht einfach. Ich nehme an, sie wollen irgendwas gegen den Eindruck von Produktions-Raffinesse setzen. Oder sie haben einfach einen hintergründig-schrägen Humor.
Nachtrag: Ich sollte vielleicht hinzufügen, dass ich mit dem "Electric Light Orchestra" nicht so überwiegend positive Assoziationen verbinde.
Das selbstgesteckte Ziel war, dort weiter zu machen, wo die Beatles mit I'm The Walrus aufgehört hatten. Man verband also Rockmusik mit avantgardistisch-klassischer Musik. (aus dem wikipedia-Eintrag zu ELO)
Stimmt. Das war Mitte der 70er. Ein größerer Gegensatz zu dem zu der Zeit aufkommenden New York Punk lässt sich wohl kaum denken. Nun werden in der Review ausgerechnet die Ramones als Vergleich herangezogen. Das ist schon ein wenig verwirrend....