laut.de-Kritik
Zwischen Beklemmung, Hardcore-Rave und Romantik
Review von Gregory BritschWelch eine Freude, mal wieder etwas vom Hacker in voller Albumlänge zu hören. In letzter Zeit war es eher ruhig geworden um Michel Amato, einmal abgesehen von der "Moscow Reisen EP" bzw. "The Beach" auf Mental Groove, wo er mit Miss Kittin alias Caroline Hervé zuletzt gemeinsam in Erscheinung getreten war. Electroclash, als dessen Hauptprotagonisten die beiden hochstilisiert wurden, liegt in seinen letzten Regungen, da erscheint "Rêves Mécaniques" eigentlich genau zum richtigen Zeitpunkt.
Amato orientiert sich mit dem zweiten Album an seinen musikalischen Vorlieben und Einflüssen, die er in ihrer Bandbreite schon auf der Compilation "The Next Step of New Wave" in etwa umschrieben hatte. Detroit-Techno und EBMim Allgemeinen, DAF, Cabaret Voltaire, Depeche Mode oder The Cure im Besonderen gelten als Quell seiner Inspiration.
Nicht großartig anders als beim Duo mit Mademoiselle Hervé, in dessen Rahmen er sozusagen für die musikalische Untermalung der Show seiner Partnerin zuständig ist und sich mehr im Hintergrund hält, schafft er wiederum ein ebenso von Wave inspiriertes Maschinen-Ambiente mit Anklängen an bereits erwähnte Vorbilder, ohne dabei auf ein eigenständiges Profil zu verzichten. In seiner Herangehensweise, electroiden Techno für die Neuzeit mit Bezug zur Vergangenheit zu produzieren, zitiert The Hacker sich auch ein wenig selbst, ruft Erinnerungen wach an frühere Produktionen aus seiner Feder. Aber das ist sein gutes Recht. Amato zeichnet mit/in seinen "mechanischen Träumen" eine Serie von Bildern, geprägt von latenter Kühle und Distanziertheit, von Zuständen der Dunkelheit beeinflusste Szenarien, die überdies zwischen Beklemmung, Hardcore-Rave und Romantik oszillieren. Das Ganze artet indes nicht in einem schwarzen Kabinett aus, vielmehr zieht The Hacker einen geschickt in den Bann.
Gerade mit den fast schon märchenhaft wirkenden Stücken wie "Electronic Snowflakes" oder "Sleeping Machines", die ohne weiteres auch einem Film von Tim Burton gut zu Gesicht stehen würden. Auch "Traces" mit Mount Sims überzeugt, indem dieser in einer Mischung aus Gary Numan und Fad Gadget sich auf die fröstelnde Stimmung der Electro-Sounds einlässt. Nicht minder überzeugend tritt Ian Clarke als Perspects bei "Flesh & Bone" in Erscheinung. Auf "Masterplan" hingegen gibt Miss Kittin ein einziges Stelldichein, wobei sich trotz des gelungenen Tracks zeigt, dass die Verbindung aus Hervé & Amato in der akustischen Wahrnehmung auf Dauer doch Abnutzungserscheinungen aufweist.
Im Gegensatz zu Miss Kittin mit ihrem Album-Debut "I Com", vollzieht Amato denn auch keinen wirklichen Bruch zu ihren gemeinsamen Platten, schließlich ist der Sound des Duetts in der Hauptsache auf seinem Mist gewachsen. Wer von beiden sich mehr der Innovation verpflichtet fühlt, steht auf einem anderen Blatt. Aber wo The Hacker drauf steht, ist immer noch The Hacker drin. Und das ist auch gut so.
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