laut.de-Kritik
Zwölf Kracher und ein Feuerzeugstück.
Review von Mathias MöllerAuch Anfang des Jahres 2006 feuert Fat Wreck, der Punkrockgigant aus Übersee, aus allen verfügbaren Rohren. Den Anfang des Veröffentlichungsreigens macht die Neuerwerbung The Loved Ones aus Philadelphia. Der Dreier sieht nicht unbedingt aus, als könnte er es in Sachen Punkrock-Credibility mit Label-Boss Fat Mike aufnehmen. Aber der Punkrock wandelt sich, alteingesessene Bands wie NoFX, Green Day oder Blink 182 bringen ein "erwachsenes" Album heraus, neue Bands treten auf die Bühne.
Das hat man auch bei Fat Wreck verstanden und das Team um einige Bands erweitert, die Punk mit poppigeren Emo-Einflüssen kreuzen und damit dem alten Rotzpunk eine Politur in Sachen Catchyness verpassen. So auch The Loved Ones, die gleich bei den ersten Tönen an einen anderen Neuling aus dem Hause Fat Wreck erinnern: Smoke Or Fire von der Westküste. "Suture Self" geht gut ins Gehör und erntet gefälliges Nicken und Wippen. Powerpunk mit einem Schuss Pop muss genauso klingen. Kein Kinderpunk, aber auch nichts, was ausschließlich für dezibelgequälte, volltätowierte Ohren ist.
Textlich gar nicht mal so politisch wie man es im Moment von amerikanischen Punkbands gewöhnt ist, geht es bei den Geliebten eher um adoleszente Liebeleien und die Unsicherheit, in welche Richtung man sich entwickeln könnte. Nonkonformismus gehört zum Punksein natürlich dazu, trotzdem, die Teenage Angst ist auch bei "Over 50 Club" greifbar. Dass Sänger Dave Hause mit seiner Reibeisenstimme dabei ungefähr die Hälfte der Wörter vernuschelt oder verschluckt, stört nur bedingt. Wozu gibts denn Booklets?
Etwas berechenbar sind aber leider auch The Loved Ones, so etwas wie ein Feuerzeugstück darf auch auf "Keep Your Heart" nicht fehlen, "Sickening" stört zwar nicht wirklich, wirkt inmitten der schnellen Stücke aber fast ein wenig wie ein Zugeständnis. Und natürlich sind die langsamen Stücke immer die Längsten. Kracher wie der "Over 50 Club" kommen da mit knapp über einer Minute aus. Und ob schnell, ob langsam, in Sachen Melodiösität haben The Loved Ones ihre Hausaufgaben gemacht.
In der Endabrechnung steht ein solides Debütalbum auf der Habenseite, das zwar nicht aus der Masse der ohnehin schon guten heraussticht, dort aber locker mithalten kann. Die Stücke gehen gut nach vorne, hier und da erwächst Ohrwurmpotenzial. Ein wenig mehr Eigenständigkeit in Sachen Sound, und ab gehen The Loved Ones.
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