laut.de-Kritik
Die besten Smiths-Interpretinnen aller Zeiten.
Review von Rainer HenzeWer wie der Autor dieser Zeilen lächerlich leicht mit melancholischen Früh-80er-Indiegitarren und düster-schleppenden Rhythmen zu fangen ist, wird sich im Erstling des kanadischen Frauenquintetts The Organ augenblicklich verheddern. "Here we go. They're back again", intoniert Siouxsie Sioux im Stile des jungen Morrisseys einen vergessenen Cure-Song. "Wir müssen in Deckung gehen, Bruder." Ja!
Die Titel heißen "Love, Love, Love" und "A Sudden Death", es geht um, genau: Verlangen und Verlust. Massig Melancholie. Und nach einer halben Stunde ist alles vorbei. Tolle Platte.
Nun ist es dieser Tage kaum innovativ, geschweige denn subversiv, sich offen zu New Wave und den Anfängen des Indierocks zu bekennen. Doch die Kanadierinnen treiben das musikalische Zitat schon beeindruckend weit. So weit, wie man es vermutlich nur jungen Mädchen aus Vancouver durchgehen lässt. Von ihren Zeitgenossen Interpol oder den Editors unterscheidet The Organ, dass sie gar nicht erst versuchen, dem liebgewonnenen Sound ein moderneres Gewand überzuwerfen. "Grab That Gun" klingt original wie 1982. Nur sehr viel besser produziert. The Organ sind nicht mehr und nicht weniger als die besten Smiths-Interpretinnen aller Zeiten.
Dazu addiert sich die generelle Suggestionskraft einer All-Girl-Band. Für einen vorderen Rang im jungsgeprägten Indiezirkus des Jahres sollte das genügen. Mindestens - und das ist doch einiges - versüßt einem "Grab That Gun" aufs Feinste die Wartezeit bis zum nächsten Morrissey-Album. Eine schöne Woche ...