laut.de-Kritik
Pechschwarze Postpunk-Depression mit Krach-Attacken.
Review von Ulf KubankeWas für ein dystopisches Höllenloch ist das hier? Gute, leider rhetorische Frage! Um die Gegenwart als wahr gewordene Dystopie zu empfinden, muss man derzeit wahrlich kein Pessimist sein. The Underground Youth nehmen alle beklommene Dunkelheit auf und machen daraus ihr achtes Studioalbum "What Kind Of Dystopian Hellhole Is This?". Zehn Songs lang zelebrieren sie den Fatalismus ewiger Finsternis, so schwarz wie ein verwaister Grubenschacht.
Die Band um das Ehepaar Craig und Olya Dyer ist eine echte Manchester-Kapelle, die heimische Postpunk-Götter wie Joy Division ebenso verinnerlicht wie den noisy alternative Sound der Sonic Youth oder die Psychedelik von Velvet Underground. Aus dem Vorgefundenen basteln sie eine ebenso kaputte wie unterhaltsame Kreatur, deren moderne Deutung des Postpunk ähnlich gut gelingt wie vergleichbaren Schwesterkombos wie A Place To Bury Strangers oder Esben And The Witch.
Ganz besonders die Freunde des echten Gothic sollten diesen Gruft gewordenen knapp 40 Minuten ihr melancholisches Ohr leihen. Schon der sinistre Low-Fi-Klang ist eine Schau. Was hier als versehrte Mutation aus den Boxen nässt, klingt nicht mehr nach Garage, sondern längst nach Katakombe.
Sogar die psychedelischen Elemente haben so gar nichts mit der normalerweise typischen Mushroom-Ästhetik gemein. Schwarzlicht statt Lavalampe ist Trumpf (Anspieltipp hierzu: "America"). Amüsantes Detail: Große Teile des Songmaterials entstehen regelmäßig nicht etwa im Mausoleum, sondern – voll DIY! - im kuscheligen Wohnzimmer der Dyers.
Besonders das gemarterte "Persistant Stable Hell" zieht alle Klangregister exquisiter Seelenpein. Craig und Olya zelebrieren ein Duett of Doom, während die Instrumente den schabenden Rockpegel langsam, aber sicher hochfahren. Während andere Bands an dieser Stelle meist zur Explosion tendieren, beherrschen The Underground Youth meisterhaft die hohe Kunst des Implodierens. "Welcome home ... welcome home!"
Lyrics und Dramaturgie stimmt die mittlerweile nach Berlin gezogene Band optimal aufeinander ab. Craig Dyer nennt als literarischen Lehrmeister u.A. Bob Dylan. Wie ein nicht minder sarkastischer Goth-Dylan legt Dyer hier ein Niveau an den Tag, dem man sich gern ergibt.
Zur Entzerrung servieren sie zwischendurch ein paar Knallermomente wie etwa das rhythmisch wie melodisch sehr runde "Alice". Besonders die hier warm flirrende Leadgitarre stielt als Klang gewordener Kajalstift allen anderen Zutaten die Show. Es muss schon sehr viel passieren, um diese herausragende Platte im Genre dieses Jahr toppen zu können.
3 Kommentare
ein sehr gieles album. es hatte es irgendwie im jänner oder so geleaked ich zelebrierte es sehr!
traurig aber wunderschön.
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