laut.de-Kritik
Sarah Connor, Thomas D und Harald Engler auf einem Album!
Review von Kai Kopp"Wir möchten euch mit Selmas Gedichten, die voller Sehnsucht und Traurigkeit sind, aber auch voll von Liebe, Glück und Hoffnung, zurufen: Lebt, liebt und gebt nie auf"! Das im Klezmer verwurzelte World Quintet vertont auf "Selma - In Sehnsucht Eingehüllt" einige der Gedichte von Selma Meerbaum-Eisinger. Die Dichterin starb 1942, 18-jährig im SS-Arbeitslager Michailowska. "Dass ein junger, lebensfroher Mensch mit einem so außergewöhnlichen Talent einfach umgebracht wird und nur ganz wenige davon erfahren, dass dieser Mensch gelebt, geliebt, gelacht und Gedichte von berückender Schönheit geschrieben hat, das konnten und wollten wir nicht akzeptieren", kommentiert die in der Schweiz beheimatete Band ihr Ansinnen.
Insgesamt fünf Jahre dauerten die Arbeiten an "Selma - In Sehnsucht Eingehüllt". Das Ergebnis ist ein musikalisch, gestalterisch und inhaltlich wertvolles Stück Kunst, das das Publikum herausfordert, neue Hörgewohnheiten zu entwickeln - und das mit äußerst viel Erfolg! Dafür sorgen neben der über jeden Zweifel erhabenen Musik vor allem die Riege hochkarätiger Interpretinnen und Interpreten.
Weil das World Quintet nicht nur ein erwachsenes Publikum, sondern vor allem Jugendliche erreichen will, haben sie Kontakt zu den angesagten Acts der deutschsprachigen Szene gesucht. Sobald diese den zugrundeliegenden Gedichtband Meerbaum-Eisingers jeweils gelesen hatten, wollten alle sofort mitmachen.
Alle, das sind Sarah Connor, Xavier Naidoo, Yvonne Catterfeld, Thomas D, Joy Denalane, Reinhard Mey, Inga Humpe, Hartmut Engler, Jasmin Tabatabai, Ute Lemper, Stefanie Kloß und Volkan Baydar - eine bunte Mischung! "Mit welchem Respekt und Einfühlungsvermögen sich diese Sängerinnen und Sänger in den Dienst der Gedichte gestellt und diese aus der Tiefe ihrer Seele interpretiert haben, war für uns eine einzigartige Erfahrung und eine große musikalische und menschliche Bereicherung" freut sich das World Quintet über die Resonanz aller Beteiligten.
Nachdem die Künstlerinnen und Künstler zugesagt hatten, machte sich das World Quintet an das Ausarbeiten der Musik: "Wir hatten beim Komponieren immer die Stimme der Sängerin oder des Sängers im Ohr, für die wir das Stück komponierten. Wir haben also nicht einfach für eine weibliche oder männliche Stimme komponiert, sondern für einen bestimmten Interpreten." Dass bei solch intensiver Beschäftigung mit dem vorgegebenen literarischen Material nicht einfach schnöde Formatradiomucke heraus kommt, versteht sich von selbst, und dass die Jugend bei weitem mehr drauf hat als dumpfes Konsumieren gefälliger Popmusik, beweisen die Reaktionen, die das World Quintet mit "Selma" auslöst.
"Ihr könnt das, was ihr mit eurer Musik erreichen möchtet, so richtig rüberbringen, z.B. beim Lied mit Joy. Da redet sie von 'Licht' und es sind hohe Töne und sie kommt mit der Stimme so richtig aus sich heraus. Als sie dann später von 'leeren Erwartungen' spricht, singt sie mit ganz tiefer Stimme. So fährt einem das so richtig überdeutlich ein. Mit der verschiedenen Dynamik kann man sich die Stimmung so richtig vorstellen. Und die Melodie vom Lied 'Regen' ist einfach wunderschön", kommentiert die 15-jährige Nadia die Auseinandersetzung mit "Selma".
Wunderschön ist auch das Urteil für das gesamte Album, obwohl die Songs alles andere als gefällig sind. Weder fügen sich Meerbaum-Eisingers literarische Vorlagen einfach so in althergebrachte Songstrukturen mit Strophe und Refrain. Noch verfolgt das World Quintet den Anspruch, einfach zugänglich und ohne Mühe konsumierbar zu sein. Im Gegenteil! Textlich brechen die Gedichte mit dem Reime-Diktat, das ansonsten die Musikwelt beherrscht, und musikalisch machen die im Klezmer, Jazz und der Klassik verwurzelten Musiker es einem auch nicht leicht. Auch wenn die Playbacks tendenziell eher zugänglichen Smooth-Jazz favorisieren ist das ja nicht gerade der Stil, auf den die Jugend sich konzentriert.
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