laut.de-Kritik

Puppenspiel ohne Puppenspieler.

Review von

Studiert man rückblickend "War Stories"-Kritiken, fällt das Zeugnis relativ eindeutig aus: James Lavelle hat sich nicht viele Freunde gemacht, als er beschloss, Hip Hop, Elektronica und der trippigen Grauzone in-between den Rücken zuzukehren, um unter der Regie von Chris Goss wertkonservativen Stonerrock zu schustern.

Für sich stehend wussten die Gitarren- und Sangesbeiträge eines Josh Homme etwa durchaus zu glänzen. Das große Bild offenbarte "War Stories" jedoch als wenig abenteuerlustige Kollektion aus allzu rocktypischen Standarten in Lavelles Hand. Die Celebrity-geladene Brillanz des Spätneunziger-Klassikers "Psyence Fiction" rückte damit weiter in die Ferne als je zuvor (wir schwelgen in Nostalgie, denken an dazumalige Beiträge von Thom Yorke und Mike D …).

Heute, im dritten aktiven UNKLE-Jahrzehnt, hat der Projektkopf einen Großteil der damals eingespielten Ehrerbietungen verspielt. Es spricht Bände, wenn auf Album Nummer vier – den Semi-Soundtrack "Edit Music For A Film" nicht eingerechnet – mit Ausnahme von Mark Lanegan kein popkulturelles Führungspersonal mehr ans Mikro tritt. UNKLE 2010 besitzen unübersehbar nicht mehr die einstige Vorreiterschaft.

Was folgt also auf die Stoner-Mediokrität von 2007? Nun, mit Pablo Clements (Psychonauts) neu an seiner Seite setzt Lavelle zum ersten Mal auf eine Politik der kleinen Schritte. Statt wie zuvor von Release zu Release von Genre zu Genre zu hopsen, bleibt man der Gitarrenrichtung gewogen, versetzt ihr aber eine ordentliche Breitseite inseliger Psychedelik.

Dafür treten auf "Where Did The Night Fall" wenig bekannte Gäste wie Sleepy Sun oder die Black Angels auf den Plan. Im ersten Albumdrittel funktioniert dieser an die Rockismen des Vorgängers angelehnte Ansatz erfreulich gut: Erstgenannte bleiben dank Björkischer Gesangsleistung lange im Ohr, letztere machen "Natural Selection" zum bis dato britpoppigsten Bandbeitrag.

Wenig später unterstreichen die erneut gefeatureten Autolux die Wahrnehmung: So sehr nach Doves und Elbow geklungen hats im UNKLE-Kontext noch nie. Fuzzy Gitarren und ein unwiderstehlicher Groove sowie der weitgehende Verzicht auf prätentiöse SciFi-Elektronica-Layers machen die Vier zur wohl homogensten Platte im Stall.

Was aber leider auch jetzt noch fehlt und weiter das Hauptmanko aller jüngeren Releases darstellt, ist eine klar erkennbare Führungspersönlichkeit hinter den Songs. Einerseits ist das Album relativ leicht am Stück durchzuhören, auch wenn das Problem der Überlänge auch hier wieder Hürden baut. Andererseits machen ein konsumfreundlicher Groove und das weitgehend in tradiertem Psych-Britrock gereifte Konzept noch kein unverwechselbares Charakteristikum.

Gerade im letzten Drittel franst das Konzept aufgrund wenig markanter Stücke (beispielhaft orientierungslos plätschernd: "Healing") deutlich aus. Ebenso wenig kann das Schlussstück mit Lanegan-Feature mit dem Ian Astbury-Endtrack des Vorläufers mithalten. Die eigene Stimme wird nicht ausformuliert, sondern weiter in gastierenden Orgeln und echoenden Sängen verschanzt.

Das Endresultat gibt sich eingängig und gefällig, besitzt etwas mehr Stringenz und Zugkraft als "War Stories", verdient aber eben auch keine Prädikate für besondere Beiträge zur Popmusik. Gemessen am Immer-noch-Ausrufezeichen des Premierenwerks bleiben sich UNKLE ganz klar selbst zu wenig.

Trackliste

  1. 1. Nowhere
  2. 2. Follow Me Down (feat. Sleepy Sun)
  3. 3. Natural Selection (feat. Black Angels)
  4. 4. Joy Factory (feat. Autolux)
  5. 5. The Answer (feat. Big In Japan)
  6. 6. On A Wire (feat. Elle J)
  7. 7. Falling Stars (feat. Gavin Clark)
  8. 8. Heavy Drug
  9. 9. Caged Bird (feat. Katrina Ford)
  10. 10. Ablivion
  11. 11. The Runaway (feat. Elle J)
  12. 12. Ever Rest (feat. Joel Cadbury)
  13. 13. The Healing (feat.Favin Clark)
  14. 14. Another Night Out (feat. Mark Lanegan)

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LAUT.DE-PORTRÄT UNKLE

UNKLE ist in erster Linie das Projekt von James Lavelle. Der Brite kommt 1974 in Oxford zur Welt und saugt schon in jungen Jahren Musik sämtlicher Stilrichtungen …

3 Kommentare

  • Vor 14 Jahren

    Ganz kann ich die Kritik nicht verstehen, sollte man sich als Kritiker nicht ein eigenes Bild machen anstatt andere Kritiken zu studieren?
    Unkle haben auch nie ernsthaft Stonerrock gemacht, vielleicht ein wenig Rockanleihen übernommen aber das wars bei War Stories auch schon wieder. Warum immer wieder dieser tom Yorke Track herhalten muß verstehe ich bei der Qualität von z.B Burn my shadows oder dem laszivem Josh Homme Track nicht wirklich...

  • Vor 14 Jahren

    das mit dem stoner rock auf das gesamte album zu beziehen verwundert mich auch schon sehr. waren doch nur 2-3 songs, wenn ich mich richtig erinnere.
    naja, nach einem durchlauf ist von the night nicht viel hängen geblieben. never never land fand ich noch sehr sehr gut, aber irgendwie konnte mich danach nichts mehr begeistern.

  • Vor 14 Jahren

    Genauso wie sich (als Hörer) der eigene Musikgeschmack weiterentwickelt sollte man Musikern das gleiche zugestehen. Und schlecht ist die neue Unkle nun wirklich nicht geworden: Nach meinem Geschmack ist mit "On a Wire" sogar ein persönlicher Tophit dabei, der lange, lange auf meinem Player rotieren wird.