laut.de-Kritik
Der Newcomer ehrt Gaye und Mayfield mit seinem Neo-Soul.
Review von Alexander EngelenVor einigen Jahren erschienen einige Künstler am Firmament des Soul- und R'n'B-Himmels, die man schwer in die gewohnten Konventionen dieser Genres einordnen konnte. Der Neo-Soul war geboren, und die Musiker, ein D'Angelo oder eine Erykah Badu, avancierten mittlerweile zu den ganz Großen der Szene.
Im Jahr 2004 dreht ein gewisser Van Hunt die Uhren wieder ein wenig zurück und orientiert sich an den Urvätern der Szene. Als geistigen Nachfolger von Curtis Mayfield und Marvin Gaye preist ihn die Plattenfirma an. Und mit seiner deutlich hörbaren Huldigung der oben genannten Soul-Väter, dem frischen neo-souligen Einschlag und einem hochkarätigen Musikerteam wird das selbstbetitelte Album den hohen Erwartungen gerecht.
Der Sound des 26-Jährigen ist deutlich Gitarren-lastiger und traditioneller angehaucht als etwa die Werke eines D'Angelos oder Bilals. Stimmlich pendelt sich Van Hunt aber gerade zwischen diesen beiden Herrschaften ein. Sein Organ klingt vielleicht nicht ganz so voluminös und hormonschwanger wie D'Angelos Wuchtbrumme. Aber auch nicht so verzerrt und exzentrisch wie die akustischen Ergüsse von Bilal.
Er verzichtet weitgehend auf treibende Hip Hoppige Beats und stellt lieber seine Gitarre in den Vordergrund, oder die von Wendy Melvoin, die schon für Prince klampfen durfte. Das Instrument überzeugt wahlweise in bluesiger Umgebung ("Seconds Of Pleasure"), bei funkigem Gezupfe ("Hello, Goodbye") oder im verspielten Wah-Wah-Wahnsinn bei "Out Of The Sky".
Doch auch wenn die Gitarre nicht die erste Geige spielt, ist der Genussfaktor hoch. "Down Here In Hell (With You)" etwa, getragen von einem lockeren Bass-Synthie, bekommt von der Flöte ein so positives Gewand verpasst, dass sogar der harsche Text an Brisanz verliert. Für die Ballade "What Can I Say" vergisst der junge Mann jegliche musikalische Vorgaben und schafft mit Klavier und Streichern einfach nur eine astreine Pop-Dudelei, die auch nach mehrmaligem Anhören nicht auf die Nerven geht.
Ausfälle sind kaum zu beklagen, allenfalls "Precious" fällt wegen eher geringem Innovativitätsgehalt ein wenig aus dem frischen Rahmen. Ansonsten ist "Van Hunt" eine Melange aus köstlichem Sinnieren über die alten Zeiten, einer Auswahl der guten Aspekte, die das musikalische Jetzt für uns bereitstellt, und dem Auftritt eines jungen Talents, der seine ganz eigene Note in den oftmals lahmenden Musikzirkus wirft.
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