laut.de-Kritik

Im Schatten der psychedelischen Disco-Krake.

Review von

Avantgarde zu sein, ist in den seltensten Fällen leicht. Davon können auch die Offenbacher Labelmacher von Playhouse ein Liedchen singen. Wird man dem selbst gesetzten Anspruch gerecht und ist der Zeit ein gutes Stück voraus, dann tut das den Verkaufszahlen zumeist nicht besonders gut.

Zwischendurch durchläuft man allerdings immer wieder Phasen, in denen sich Avantgarde und Zeitgeist vorsichtig annähern. Ein gutes Beispiel dafür gibt die aktuelle Compilation des Elektronik-Labels Playhouse. "Famous When Dead VI" feiert das derzeitige Wiederaufleben von House mit einigen hochkarätigen Produzenten.

Die Compilation eröffnet Losoul alias Peter Kremeier, ein Produzent, der die Szene schon seit Mitte der 90er Jahre mit zahlreichen Releases prägt. Viele davon finden sich im Backkatalog von Playhouse. Darunter Tracks wie "Open Door", das mit seinem aufs Wesentliche reduzierten House-Groove aktueller denn je klingt.

Für "Famous When Dead VI" steuert Losoul den Track "Numbers" bei, der in diesem Jahr bereits als Maxi-Veröffentlichung zu kaufen war und Kremeier einmal mehr von seiner deepen Seite zeigt. Mit großen Namen geht es auch im Anschluss weiter.

Roman Flügel, Mitbetreiber von Playhouse und seit Jahren sowohl als Solo-Artist als auch an der Seite von Björn Elling-Wuttke als Alter Ego einer der einflussreichsten Produzenten, präsentiert seinen Track "Neues Testament". Ursprünglich bereits 1995 veröffentlicht, gibt sich das Stück mit seiner hypnotisch-verführerischen Oldschool-Ästhetik auch heute im Club nicht die geringste Blöße.

Kein Wunder also, wenn "Neues Testament" als Re-Release seine zweite Jugend feiert und derzeit zum Standard-Repertoire von zahlreichen Top-DJs gehört. Als weitere Highlights von "Famous When Dead VI" bleiben Reworks "Love Love Love Yeah", geremixt von der Französin Chloé und "The Craze", ein Track des Berghain-Residents Prosumer am nachhaltigsten im Ohr hängen. Beide veröffentlichten in den vergangenen zwei Jahren Alben, die es ebenfalls verdienen, gehört zu werden.

Chloés melancholischer Longplayer "The Waiting Room" eröffnete der Französin 2007 auch ein Terrain abseits der Clubs. Genau dort überzeugten Prosumer und Murat Tepeli mit den deepen House-Nummern, die sich auf "Serenity" finden.

Weitere namhafte Produzenten, die zur überzeugenden Qualität von "Famous When Dead VI" beitragen, sind MyMy, Goldfish & der Dulz sowie Simon Baker. Dessen Track "Plastik" lohnt allein schon den Kauf. Im Remix von Todd Terje verwandelt sich das Stück in eine psychedelische Disco-Krake.

Vielleicht gibt Baker damit ja eine der Richtungen vor, die man bei Playhouse mit zukünftigen Releases einschlägt. Schließlich wird es für die Avantgarde höchste Zeit, sich nach neuen Ufern umzusehen, wenn einem der Zeitgeist zu nahe auf die Pelle rückt.

Trackliste

  1. 1. Losoul - Number
  2. 2. Roman IV - Neues Testament
  3. 3. MyMy - Day For Night
  4. 4. Simon Baker - Plastik [Todd Terjes Turkatech Remix]
  5. 5. X-District - Color Correction
  6. 6. Holger Zilske -Bees
  7. 7. Goldfish & der Dulz - Love Me Fender
  8. 8. Rework - Love Love Love Yeah (Chloés Remix)
  9. 9. Prosumer - The Craze
  10. 10. Common Factor - Storm

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