laut.de-Kritik
Wer braucht mehr als dieses Bassbreak?
Review von Dani FrommSinn und Zweck eines Label-Samplers sollte sein, einen Querschnitt durch das Künstlerangebot zu präsentieren und Appetit auf mehr zu machen. Meist bedingt dies eine gewisse Durchwachsenheit. Nicht so die Kostproben aus Oliver von Felberts Schmelztiegel: Schon einmal zeigte ich mich von der Menu-Karte recht angetan. Diesmal verlässt ausschließlich leckerstes Funk-Material Olskis Hexenküche.
Obwohl nur in einer einzigen Nummer tatsächlich gerappt wird (der Kölner DJ Adlib lieh sich für "Everyday" Alphabet Zoos MED aus), so drängt sich doch ein Eindruck in den Vordergrund: Bei Melting Pot hat man verdammt noch mal kapiert, was Hip Hop ausmacht: Respekt vor guter Musik, nicht vor Genre-Grenzen. Das richtige Ausgangsmaterial zahlt die halbe Miete, Funk regiert, schon Eins Zwo fragten sich: "Wer braucht mehr als dieses Bassbreak?" Kein Mensch! Engstirnigkeit und Hemmungen sind für Kappendeppen, und die zählen ganz sicher nicht zur Klientel von MPM.
Nein. Die Zielgruppe rekrutiert sich aus den Freunden der Oldschool, die nicht nur wissen, wohin der Hase läuft sondern auch, woher er gerannt kam. "Erwachsene B-Boys, Stones Throw-Fans und Multifunktions-Digger" will man erwischen, und die trifft Olski mit seiner kleinen Selektion durch den Gehörgang mitten ins Lustzentrum.
DJ Day serviert frickelige Percussion und satte, runde Bässe, in "Lovebug" zusätzlich ausgarniert mit jazzigem Latino-Einschlag. Wäre "Gone Bad" nicht gar so sauber und makellos up to date produziert, man wähnte sich glatt drei Jahrzehnte zurückversetzt. Kopenhagens One-Man-Band The Phobos Peepl setzt ebenfalls auf treibende Percussion. Elektronische Klänge, nostalgisch-futuristisch wie einst Raumpatrouille Orion, machen aus "Bike Ryder" ein überaus tanzbares Stück Space-Funk.
Auch, wenn Gitarre und Gesang in Kutimans Beitrag ein wenig dünn ausfallen: "No Groove Where I Come From" nehme ich diesem Mann keine Sekunde ab. Tel Aviv groovt wie Sau, darauf lassen zumindest die gebotenen, sich stetig steigernden bläserreichen fünf Minuten schließen. Keine Chance der Monotonie, die Tracks sind in sich und untereinander derart vielseitig, dass es eine Freude ist. Während bei den Soul Scapes lässig, faul und entspannt der "Soul Summer" ausgebrochen ist, legt die Aachener Formation Le Scratchfunk mit "The Go Off!!" ordentlich Tempo vor. Den zahlreichen Cowbell-Jüngern unter meinen Kollegen (vielleicht existieren auch noch zwei, drei andere da draußen) dürfte Upskiboo mit seinem "Search Song" den Schweiß auf die Stirn treiben.
Devil McDoom gehört für "Watching Sleazy UFOs Passing By" zu einer längeren Haftstrafe (abzusitzen im Studio, bitte) verurteilt: Eine derart bestechende, finster-zwielichtige, melancholische und trotzdem seltsam schwungvolle Nummer nach nicht einmal zwei Minuten zu beenden, fällt unter Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Um mich nicht allzu sehr zu ärgern, schau'n wir doch mal, was meine Helden der ersten MPM-Kollektion derzeit so machen. Aha, das habe ich mir gedacht: A-ko, das Label-Küken aus Iowa, "he's diggin' up old dusty records" und präsentiert die erschürften Schätze brillant verpackt in "Chicago".
Lefties Soul Connection dagegen arbeiten brav an Album Nummer zwei, was mich mit nicht eben geringer Vorfreude erfüllt. Einstweilen versuchen sie sich an DJ Shadows "Organ Donor", und das in einer Weise, die dem Meister persönlich das Urteil "pretty cool" abgerungen haben soll. Scheu vor Meilensteinen kennt man bei Melting Pot sowieso nicht. Marc Hype und Jim Dunloop streifen "The Mexican", einst von Afrika Bambaataa für seinen bahnbrechenden Track "Planet Rock" verwurstet, ein luftig modernes Gewand über den altvertrauten Basslauf, der nicht nur Breakern in Fleisch, Blut und Knochen steckt.
Habe ich eben "Planet Rock" gesagt? An dieses Monument wird sich doch niemand heranwagen? Nicht als Irr- sondern als der nackte Wahnsinn stellt sich heraus, was das Hannoversche Trio Breakout aus der Geburtsstunde des Samplings macht. Ich spare mir weitere Worte, die nur in ungezügelte Lobhudeleien ausarten würden. Ich muss ohnehin weg. 7"es bestellen. Gratulation, Olski! Mission erfüllt!
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