laut.de-Kritik

Auf die alten Tage!

Review von

Es muss so Anfang der Neunziger gewesen sein, als ich das erste Mal mit den Jungs von Waltari konfrontiert wurde. Damals eröffneten sie im Berliner Knaack Club für die Freaky Fukin Weirdoz; einem seinerzeit ziemlich abgefahrenen und angesagten Münchner Crossover-Kollektiv. Die hatten an jenem Abend aber ganz schön zu kämpfen, denn mit Waltari hatten sie sich einen Support mit ins Boot geholt, der in punkto Spielwitz und Innovation selbst bei den hartgesottensten Kreuzüber-Liebhabern für runtergeklappte Kinnladen sorgte.

Noch heute habe ich das Bild vor Augen wie ein schlaksiger Typ mit pudelig gelocktem Haupthaar, aufgerissenen Augen, oberkörperfrei und mit einer schweren Run DMC-Glodkette um den Hals wie ein unter Drogen gesetzter Duracell-Hase von einer Seite der Bühne zur anderen hüpft. Der Mann hieß Kärtsy Hatakka, seines Zeichens Sänger und Aushängeschild der Band; ein Kerl, der scheinbar auch 20 Jahre nach jenem Abend noch nicht so richtig weiß, wohin mit all seinen musikalischen Chaos-Theorien.

Warum mich dieses Gefühl beschleicht? Nun, man muss sich nur mal das neue Studioalbum der Finnen zu Gemüte führen; ein Album, dessen Inhalt im Grunde genommen genau an jene Erinnerungen andockt, die mich an besagtem Konzertabend zum Fan werden ließen. Keine Grenzen, alles ist erlaubt und je verrückter, desto besser: So in etwa ließe sich "You Are Waltari" wohl am treffendsten beschreiben.

Hier wird wirklich vor nichts Halt gemacht. Von kunterbunten KiKa-Metal-Einwürfen ("12") und progressiven Anarcho-Arschtritten ("Mountain Top") über Buddelkasten-Folk ("Right Wing Theme") bis hin zu apokalyptischem Todesmetall-Treiben ("Strangled") und völlig durchgeknalltem Nintendo-Industrial ("Drag"): Waltari packen so ziemlich alles bei den Lenden, was sich in den vergangenen knapp 30 Jahren im bandeigenen Kellerarchiv so angesammelt hat. Und da türmt sich so einiges, versprochen!

"You Are Waltari" präsentiert sich zudem noch eingebettet in einen knackig voluminösen Bombast-Sound. Klingt nach einer durchweg runden Sache? Absolut, auch wenn die Finnen mit ihrem ureigenen Crossover-Spektakel sicherlich keinen Innovationspreis mehr einheimsen werden. Aber: Who Cares? Lieber alte Erinnerungen auf Hochglanz polieren, als uninspiriertes Neues durch die Boxen jagen. That's why i love the guys! Und jetzt hoch die Tassen. Auf die alten Tage!

Trackliste

  1. 1. 12
  2. 2. Tranquality
  3. 3. Solutions
  4. 4. Only The Truth
  5. 5. Mountain Top
  6. 6. Right Wing Theme
  7. 7. Strangled
  8. 8. Keep It Alive
  9. 9. Singular
  10. 10. Not Much To Touch You
  11. 11. HyväoliHyväoli
  12. 12. Drag
  13. 13. Televizor
  14. 14. Diggin The Alien

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