laut.de-Kritik

Midtempolastige Klänge für melancholische Stunden.

Review von

Der letzte Zeromancer-Longplayer "Bye-Bye Borderline" kam vor acht Jahren heraus. Die Zeit danach investierten einzelne Bandmitglieder in andere Projekte. Die beiden Hauptsongwriter Alex Møklebust und Kim Ljung sowie Drummer Noralf Ronthi reanimierten zusammen mit zwei weiteren Musikern die Zeromancer-Vorgängerband Seigmen, die sich 2015 mit "Enola" nach achtzehn Jahren Albumpause mit einer Comeback-Platte zurückmeldete. Zudem folgten noch 2016 und 2018 zwei Alben von Ljungs Alternative-Rock-Formation Ljungblut. Nun legen Zeromancer mit "Orchestra Of Knives" mit einer bittersüßen Zustandsanalyse des Homo sapiens, des Lebens und des Todes nach.

Im Vergleich zu früher klingt die Musik der norwegischen Elektro-Rocker erwachsener, ja beinahe schon etwas nostalgisch, wie der Opener "Testimonial" beweist. Der fällt nämlich zu Beginn mit bedrohlichen Drums, verzerrten Vocals von Møklebust und verspielter Elektronik so schleppend wie manch jüngere Depeche Mode-Nummer aus, gewinnt aber dank der gesanglichen Unterstützung von Ljung, die dafür sorgt, dass so gut wie jeder Song nach hinten raus in Sachen Dynamik nochmal ordentlich nachlegt, kontinuierlich an Dramatik und Emotionalität. Dynamisch lassen sich auch Ljungs Bassläufe in einigen Tracks nennen, allen voran im folgenden "Damned Le Monde", wenn sein prägnantes Spiel die eingängige Marschroute für die rund vier Minuten vorgibt.

Ansonsten setzen Zeromancer weniger auf Eingängigkeit, sondern auf Nachdenklichkeit. "Transparency" und "Mourners" gehen durch die melancholischen Gitarrenläufe Per-Olav Wiiks, der erst vor Kurzem zu den Norwegern stieß, und die wavigen Synthies Lorry Kristiansens schon fast als reine Post-Punk-Nummern durch. "Terminal Love" erweist sich als schleppende Hymne an die Liebe, die aber gleichzeitig auch etwas Erhebendes hat. "Stand On Ceremony" vereint sowohl die düsteren als auch die dramatischen Qualitäten der Band.

Inmitten des midtempolastigen Soundbildes hätte man sich aber trotzdem das ein oder andere treibende Stück mehr erhofft. An rockige "Eurotrash"-Tage erinnern lediglich der schwungvolle Titeltrack und der wuchtig schwere Rausschmeißer "San Zero". Außerdem soll "Worth Less Than Deutsche Marks To Me" nicht unerwähnt bleiben mit seinen lupenreinen Electro-Industrial-Klängen, bestehend aus Front Line Assembly-artigen Synthies, präzisen Riffs, mechanischen Drums, größtenteils verzerrt gehaltenen Vocals und deutschsprachigen Samples.

Auf jeden Fall ein gelungener Ausreißer auf einer Platte, die zwar durchaus vom hohen Wiedererkennungswert der Norweger lebt, aber auch eine gewisse Zeit benötigt, um sich in die Gehörgänge einzunisten. Musikalisches Fast Food, wie bei anderen Acts auf dem Trisol-Label, dem Zeromancer aktuell angehören, bekommt man auf "Orchestra Of Knives" jedenfalls nicht geboten.

Trackliste

  1. 1. Testimonial
  2. 2. Damned Le Monde
  3. 3. Transparency
  4. 4. Mourners
  5. 5. Birthday
  6. 6. Terminal Love
  7. 7. Worth Less Than Deutsche Marks To Me
  8. 8. Orchestra Of Knives
  9. 9. Stand On Ceremony
  10. 10. San Zero

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