laut.de-Kritik
Im Bällebad aus Stecknadeln.
Review von Dominik LippeEine depressive Phase legte ihn drei Jahre lang kreativ auf Eis. "Die Zombiez haben mich dann gedrängt, wieder aktiv zu werden", erzählte Basstard unlängst im laut.de-Interview, "Wir haben uns in der Natur in Polen ein Häuschen in ganz entspannter Atmosphäre gemietet, sind mit Sack und Pack zusammen eingezogen und haben eine Weile einfach an Songs für 'Katharziz' gearbeitet." Ihre hohe Produktivität haben sich Zombie Whytte, Zombie Red, Zombie Black und der als Purple Z wiedererstarkte "Zwiespalt"-Rapper beibehalten. Nach ihrer Tournee setzen sie mit einer Doppel-EP ihre "Schande"-Serie fort.
Die Produktionen steigen gleich auf hohem Energielevel ein. G-Ko und Ratok kloppen auf baumelnde Glasflaschen ein und ergänzen hie und da E-Gitarren, ohne die Rapper in ihrem Blutrausch zu beeinträchtigen. Dazu skandiert Purple Z "Schande", als treibe er Cersei Lannister durch Königsmund. Roosevelt lässt "Torture" laut klagend ertönen, während die verschiedenfarbigen Zombiez noch nahtloser als im Nu Metal zwischen zeterndem Gesang, Shoutings und Doubletime-Passagen switchen. In der Folterkammer treibt es sie von der Streckbank über den Fleischwolf ins "Bällebad aus Stecknadeln".
Dass ihre Fähigkeiten über Reenactments von Eli Roths "Hostel" hinausgehen, beweisen die Zombies mit "Silentium". Gr3ys Spieluhr-Sound mag noch eine Idee zu stereotyp ausfallen, doch die geflüsterten Strophen und der heimelige Chorus zeugen von Disziplin. So widerstehen die ADHS-Rapper dem Drang, sich wie Pitbulls von der Leine zu reißen, um lautstark herumzutoben. Ähnlich verhält es sich mit "Hello Darkness", einem alten Freund, den sie sich mit Simon & Garfunkel teilen. Mit gesenktem Haupt schleichen im letzten Part von "Buch 3" Text und Musik dem depressivem Abgrund entgegen.
Schon im ersten Kapitel des "Buch 4" befinden sich die untoten Rapper wieder in absoluter Hochstimmung. "Scheintot" straft seinen Titel Lügen. Die Zombiez zeigen die Energie und Freude an der Rap-Disziplin, die hierzulande immer seltener zu werden drohen. Auch musikalisch hält die EP mit. SLVG kombiniert für "Corpse" Horrorcore-Sound mit flirrenden Effekten im Stil von "Forbidden Planet" der Barrons und durchzieht den triebhaften "Raubtierinstinkt" mit einem grollenden Instrumental. Fatal-M wiederum öffnet die Tore zu den Hallen des Vatikans, wo der Satan den "Pontifex" kontrolliert.
Inhaltlich sollten die blutgetränkten Songs in erster Linie als Unterhaltung verbucht werden. Und doch stößt das halbverdaute Fleisch punktuell sauer auf. "Bullen patrouillieren, als wären sie die SA", heißt es etwa in "Schande Anthem". So casual hat Tamas die Polizei schon auf "Hysterie" pauschal nach rechts außen verbannt. Ähnlich verhält es sich mit "Pontifex". "Der Papst lächelt kalt mit Hitler-Charme", klagt darin Purple Z. Zum einen dürfte der noch immer viel zu präsente Führer nicht für seine grienende Ausstrahlung bekannt sein, zum anderen sollten derartige Vergleiche rarer gesät werden.
Zu schnell lassen sie zudem brauchbare Ansätze fallen. Wenn sie Crowley, dem britischen Okkultisten mit Schwerpunkt auf Sexualmagie, den Song "Aleister" widmen, referiert Zombie Red: "Meine Triebe, die ich unterdrücken musste, kann ich nun ausleben." Er höre nicht länger auf die biblischen Lügen. Das ließe sich als Ansatzpunkt für weitere Vertiefungen nutzen, dank ihrer Sprunghaftigkeit sonnen sie sich jedoch gleich wieder im Schein eines Scheiterhaufens. Doch auch, wenn den Teufelsbeschwörungen oftmals der Hintersinn fehlt, bleiben die Zombiez an der grellen Oberfläche echte Könner.
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