laut.de-Kritik
Schmachtender Gesang zum Softpornosound.
Review von Dani FrommMehr und mehr verliere ich meinen Humor, wenn es um die Behandlung emotionstriefender R'n'B-Platten geht. Es darf doch einfach nicht wahr sein, dass einem auf diesem Gebiet nichts, aber auch gar nichts kredenzt wird, das in irgendeiner Weise neu, originell oder - im wahrsten Wortsinne - merk-würdig wäre. Langsam aber sicher langweilt mich meine eigene Forderung in den Schlaf: Gebt mir einen Love-Song, den ich nicht schon seit Jahren kenne, verdammt!
Bobby Valentino umreißt bereits mit seinem Intro, womit er die folgende Stunde zu füllen gedenkt: Opulenter Pianosound, schmachtender Gesang und der allseits beliebte Donner für den Hauch Dramatik heißen den Hörer in seinem zweiten Album willkommen. Fehlt nur noch der Gewitterregen. Haben wir das nicht so schon tausendfach gehört? Auf Bobby Valentinos früherem Erguss? Oder auf beliebigen Platten der Lemars, R. Kellys, Jaheims oder Ginuwines dieser Welt? Kollege Kopp beklagte in seinem großartigen Special zum Thema den Stillstand eines kompletten Genres. Bobby Valentino trägt kaum dazu bei, ihn eines Besseren zu belehren.
Immerhin: Wie bei gefühlt jeder zweiten Popproduktion dieser Tage leistet Timbaland seinen Beitrag. In "Anonymous" erweist er sich einmal mehr als ein wahrer Meister der dick-bassigen Rhythmusspielereien. Bobby Valentino verfügt (wie übrigens auch die Lemars, R. Kellys, Jaheims und Ginuwines dieser Welt) über eine wirklich schöne Stimme. Schade nur, dass er damit nicht mehr als das übliche R'n'B-Geknödel mit haufenweise uuh, aah und ooh anfangen möchte.
Dabei hätte er durchaus das Zeug dazu: In "Checkin' For Me" beweist Valentino, kaum, dass er etwas weniger jault, über mächtig rumpelndem Bass stimmliche Wandlungsfähigkeit. Seine Ansprache an die sexy Ladies in "Special Occasion" verrät Potenzial, das leider vom unseligen Softpornosound Tim Kelleys und Bob Robinsons erstickt wird. "Home Is Where You Belong" in etwas tieferer Tonlage meistert dieser Sänger ebenso wie das sparsamer Instrumentierte "I Was Wrong" oder "Right There" zu schlichter Akustikgitarre. Am Gesang ist technisch nichts auszusetzen. Außer, dass mich die stets gleichen Geschichten um stets gleiche Herzensangelegenheiten in stets gleicher Manier vorgetragen inzwischen gediegen ärgern anstatt zu berühren. Oh, bitte. Bitte, überrascht mich!
Statt dessen wird eine Menge gelitten. Dafür, dass die Liebe die schönste Sache der Welt sein soll, strotzen die Lyrics über dieselbe klassischerweise vor Schmerz, Tränen und Leid. Eine langatmigere Entschuldigung als "I Was Wrong" ist mir selten begegnet. Oder aber wir bekommen es mit (man verzeihe mir das plumpe Wortspiel) bocklangweiligen Schlafzimmer-Szenarien zu tun. "Can't Wait 'Til Later". Im Grunde verstehe ich Mr. Valentino sogar: Wenn es dann zur Abwechslung gerade einmal gut aussieht, dann kann es natürlich nicht schnell genug gehen. Man muss schließlich dem heulenden Elend, das bereits in der Ecke lauert, zuvorkommen. Wie man allerdings bei einer derart schnarchnasigen Nummer in Stimmung kommen soll, bleibt mir verborgen.
Als hochwillkommene Abwechslung empfinde ich den Auftritt Ludacris' im ebenfalls von Timbaland zusammengeschraubten "Rearview". Der Blick in den Rückspiegel fängt Aufbruchsstimmung und Melancholie des Unterwegs-Seins bestens hörbar ein. Erfreulich unaufdringlich, weil geschickt arrangiert: der unvermeidliche Streicherteppich in "How 'Bout It". Die pumpenden Bässe aus "Over & Over" gehen ohne Weiteres als großes Kino durch. In Darkchilds "Turn The Page" präsentiert sich das allgegenwärtige Piano in verhaltenerem Licht. Musikalisch gefällt das, allerdings zieht mir auch hier die Story nichts weiter als die Socken aus.
Dieses ewige Gewinsel! Was ist mit den Herren der Schöpfung nicht in Ordnung? Haben sich - mit Ausnahme der Ying Yang Twins, versteht sich - alle echten Kerle Wikingerbärte wachsen lassen und machen Metal? Sind wirklich nur die Heulsusen übrig? Ina Deters Forderung scheint mir aktuell wie nie: Nicht nur dieses Land braucht neue Männer.
2 Kommentare
is ja gut das jeder seinen eigenen geschmack hat im großen und ganzen find ich bobby v neues album besser na ja auf jeden fall realer als justin's neues(futursex...)
Also ich finde, dass dieses Album sehr gelungen ist. Es handelt sich hier auf keinen Fall um schlechten R&B. Es gibt auch kein Lied, was ich kritisieren könnte!