laut.de-Kritik
Der Dicke Polizist tritt dem Punkklischee in den Arsch.
Review von Andreas DittmannIm Frühling randalierte Frau Potz in Kurt Ebelhäusers Studios. In den Trümmern, die die keifende Dame zurückließ, nahm dann Der Dicke Polizist (seit 2005 DDP) sein Album auf - zumindest die Gitarrenspuren. Viel mehr als den Produzenten haben die beiden Bands aber nicht gemein. Die Energie und Gnadenlosigkeit, die Frau Potz dem Genre eingeprügelt hat, findet sich nur sehr selten auf "Tempo Alter!"
Man weiß nicht genau, wem man die Schuld geben soll, warum dieses Album alles andere als Tempo aufbaut: der Band oder dem Produzenten-Duo. Ein Großteil der Songs wandert irgendwo im Niemandsland von Punk ("Zeit Ist Tempo") nach Alternativ ("Auf Und Ab"), weiß aber noch nicht so recht wohin.
Was Komposition, Ideen und Drums betrifft, bleibt die Platte klar ein Punkintermezzo. So treiben die ersten beiden Songs die Irokesenträger in den Pogo. Die zu glatte Produktion nimmt den Riffs aber jegliche Schärfe und schiebt so den dicken Polizisten oft genug in die gemütliche Deutschrock-Ecke. Um dort für Aufsehen zu sorgen, fehlt es aber an Eigenständigkeit und Dringlichkeit. Die meisten Songs sind schon O.K., wenige stechen raus.
Erfreuliche Ausnahmen sind dann "Geschichte", "Paul" und "Schwarze Rose", die zeigen, dass man auch als Punkband abwechslungsreich komponieren kann. Schönes, gitarrenbetontes Songwriting, bei dem man deutlich das Alternative-Rock-Händchen von Ebelhäuser spürt.
Erfreulich ist auch, dass DDP dem Punkklischee, nur parolenartige Texte gegen Kapitalismus, Bullen und Staat zu krakeelen, gepflegt in den Arsch tritt. Der dicke Polizist findet zum Teil richtig schöne Worte: "Lass raus oder lass es sein / oder lass mich heut allein / Und vielleicht auch morgen / Besser so und sowieso / macht mich grad gar nichts froh / erzähl mir nichts von Sorgen".
Ein wenig melancholisch, der gute Schmatzel, wohl formuliert aber allemal, auch wenn einige Reime wie erzwungen klingen. "Tempo Alter!" macht trotz aller Kritik durchaus und ist kurzweilig genug, um nicht zu langweilen. Für den richtig großen Rabbatz reicht es aber nicht. Das haben Frau Potz wesentlich heftiger, kräftiger und aufwühlender hingekriegt.
1 Kommentar
super andi, ddp sind seit jahren echte favoriten von mir in der szene....einbeweis für intelligentes leben auf planet punk ohne sophisticated kram...die haben bei uns echt gefehlt...rocknroll