laut.de-Kritik
Mit einem Hip Hop-Hooray gegen die YOLO-Generation.
Review von Dani Fromm"Erzähl' doch mal den Leuten da draußen: Was ist der Unterschied zwischen Rappern und Emcees?" Ferris wills wissen, und Eko Fresh lässt sich nicht zweimal bitten. Er rattert zu funky Bläsern und dickem Bass los, bis alles in Scherben liegt. Das dauert nur knapp eineinhalb Minuten. Schade. Das Bedauern ob der Kürze des Auftakts darf allerdings getrost gleich wieder in die Schublade wandern: Eko hat gerade erst angefangen.
"Jetzt Bin Ich Dran", stimmt: Am Zug ist Eko, und nur Eko. "Weil ich niemand brauch', der meine LP versaut." Seine zahlreichen Featuregäste parkt er allesamt auf der zweiten CD und erklärt zunächst: "Ich mache ein Kollabo-Album mit mir selber." Eine von vielen weisen Entscheidungen, was "Eksodus" betrifft.
Eko gelingt, was ich ihm immer zugetraut, nach den diversen Reinfällen in den letzten Jahren allerdings langsam nicht mehr zu erleben geglaubt habe: ein rundum rundes Werk, das Ekrem Boras unglaubliches Talent nicht nur ahnen lässt, sondern endlich einmal voll zum Strahlen bringt. Sieh an: "Geduld zahlt sich aus."
Vielleicht ist 30 wirklich das neue 20, wie "Jetzt Bin Ich Dran" postuliert. Eko Fresh jedenfalls präsentiert sich in bestechender Verfassung: "Jetzt siehst du mal: Der Don ist in ziemlich guter Form" und braucht dafür "keine Skandale, nur Stift und Papier". Sein schon immer äußerst gesundes Selbstbewusstsein trägt er diesmal mit der nötigen inneren Ruhe vor sich her, die den Unterschied zwischen Manie und tatsächlicher Größe ausmacht.
Der wichtige erste Schritt in diese richtige Richtung lag vermutlich in der Selbsterkenntnis: "Ich war schon immer talentiert, doch wusste nicht, wohin des Weges. Meine Person ist bekannter als meine Musik gewesen." Damit räumt "Eksodus" sauber auf. Zwar kreist Ekos Universum noch immer ausschließlich um Eko: "Ich mach' Ego-Rap, ihr Hipster!" Die Tipps, die er nicht nur in Form eines weiteren "Raptutorials" freigebig gratis unters Volk streut, hat er sich diesmal aber allesamt zu Herzen genommen.
Mach' dein eigenes Ding. Bleib' dir selbst treu. Renn' niemandem hinterher, keinem Idol, keinem schnelllebigen Trend, nicht der neuesten Mode, nicht den Verkaufszahlen, nicht irgendwelchen Konsumgütern - auch, wenn ihm die Sehnsucht des kleinen Jungen nach den Markenklamotten, die die besser gestellten Kumpels sich leisten konnten, durchaus präsent bleibt, wie "Money On My Mind" zeigt.
"Der Wahre Wert" steckt trotzdem anderswo: "Ich mach' mir keine Sorgen", erklärt Eko da. "Ich hab' meine Richtung gefunden. ... Hab' das Chaos überwunden, keine Arschlöcher um mich rum." Eine gute Chartsplatzierung bedeutet ihm da nur noch die Kirsche auf der Sahne, nicht mehr das allein selig machende Ziel. Ganz nebenbei: "Fick dein AutoTune. Ich bin immer noch auf Talkbox."
Mit dieser Einstellung liefert Eko Fresh ein wahrhaft zeitloses Album ab, das sich von der Tyrannei der ständig wechselnden Trends komplett frei gemacht hat. Eko inszeniert sich als einer der letzten Mohikaner, der Hip Hop mit einem "Hooray" auf den Lippen gegen die Schals tragende YOLO-Generation verteidigt. "Was für Trap-Musik? Ich mach' Rap-Musik."
Meist ist es Phat Crispy, der dazu allzeit den passenden Beat aus dem Hut zieht: Während die erste CD fast auf voller Länge den entspannten Sound der 90er atmet, geht es auf der Feature-EP vielerorts derber zur Sache.
Für "Der Blutige Pfad 2" muss Crispy, statt Cowboys auf Aliens clashen zu lassen, die Mumie Imhotep mit dem Gladiator gekreuzt haben: Der daraus resultierende Monumentalfilm-Sound gerät derart bombastisch, dass einem kaum auffällt, dass Gast-Rapper Farid Bangs Part den IQ seiner Hörerschaft bei jedem Durchlauf um zwei bis drei Punkte senkt.
Für die "Freakshow" stellen Phat Crispy und Ear2thabeat einen akustischen verregneten Friedhof hin, aus dessen Erde sich erst Zombie Ferris mit in Fetzen herunter hängenden Stimmbändern, und dicht dahinter Eastcoast-Besuch Nine herauswühlt. Du sollst keine Freaks neben ihnen haben. Wirklich nicht.
Den inhaltlichen Höhepunkt der Feature-Beilage liefert die erfrischend unaufgeregte Aussöhnung mit Caput: "In jedem Punkt siegt heute übers Ego Vernunft." So erwachsen kann tatsächlich nur reagieren, wer seine Mitte gefunden hat und glaubhaft versichern kann: "Ich Bin Im Reinen Mit Mir". Glückwunsch, Danke und Hallelujah.
Manch einen Gast hätte ich nicht gebraucht. Gerade, wenn sich zu viele Köche den Löffel in die Hand geben, erscheint, wie in "Gangsta Squad", die Zusammenwürfelung ein wenig wahllos.
Das Rennen hat Eko Fresh zuvor aber ohnehin schon alleine gemacht, gepflegte Selbstabfeierei inklusive. "Ihr wollt Punchlines und Vergleiche? Kein Problem!" Darüber hinaus seziert Eko den Zustand des Rap-Geschäfts, zeigt seine vielschichtige Persönlichkeit, setzt sich mit dem ihm ewig anhaftenden Etikett "Quotentürke" auseinander, berät gratis den Nachwuchs und packt in sein "Abgabe Skit" mehr Story als manch anderer in einen richtigen Track.
"Schöner Tag" zieht überraschende Parallelen zwischen Vertretern von Gesellschaftsschichten, die auf den ersten Blick wenig miteinander gemein zu haben scheinen. In "Meine Krone" beleuchtet Eko neben der glitzernden auch die Schattenseite des Ruhms. Wer Jonglage mit Zweideutigkeiten sucht, findet sie in "Kein Plan".
Ob "E.K.O." für "Einzigartig. Killer. Original." steht oder doch für "Energie. Kraft. Offiziell.": am Ende scheißegal. Wer ein Album wie dieses liefert, darf sich die Lesart aussuchen.
24 Kommentare mit 12 Antworten
Alles richtig gemacht, Yo Mama Fromm.
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Wie dreist, einfach so Michael Jackson's "Dangerous" Cover zu klauen.
Ich weiß nicht... Ich halte ihn ja nach wie vor für einen der kreativsten Köpfe in Deutschland, aber dieser "Rap über Rap" langweilt mich auf Albumlänge ziemlich schnell. Hat sich genau so schnell ausgehört wie die letzte Platte. Leider
Sichlerlich sein bestes Album bis jetzt. Der Skipfaktor ist dieses mal sehr gering, was zB bei Ekrem ganz anders war. Ein Featureloses Album tut Eko sehr gut, mMn haben diese seine bisherigen Alben eher abgewertet. Alleine gegen den Rest. Schöner Tag bester Track.
Message in den Texten, unglaubliche Raptechnik, Kopfnickerbeats und Humor - rundum einfach nur nice.