laut.de-Kritik

Ein Fuß in den Charts, einer auf der Straße.

Review von

Gern verschließt die Szene Augen und Ohren vor einer tatsächlich möglichen Homogenisierung der ach so strikten Trennung zwischen Underground und Mainstream. Es gibt sie aber. Kanye West ist mehr denn je der Mann "with a Benz and a backpack". Erykah Badu kollaborierte jüngst mit Lil Wayne, und jetzt findet sich Cash Money-CEO Baby auf einem Album der Indie-Institution Rhymesayers wieder.

Man mag es auf die Entwicklung der Musikindustrie schieben, dass die Demarkationslinien zwischen Major und Indie erodieren. Vielleicht ist es aber auch nur der ganz normale Lauf der Dinge, der Hip Hop-Musik sein Dasein als großes Ganzes bewusst macht.

Weiter ist nicht verwunderlich, dass die Kollaboration zwischen Baby und Brother Ali-Label auf einem Album stattfindet, das die ehemalige Roc-A-Fella-Reibeisenstimme Freeway und den G-Unit-Produzenten Jake One im Titel vereint.

Beide wandern seit jeher zwischen den Welten der Genre-Konventionen. Freeway steht schon immer mit einem Fuß in den Charts und mit dem anderen auf der Straße. Jake One hangelt sich überraschend sicher seit einigen Jahren zwischen Neunziger-geprägter BoomBap-Mentalität und kommerzialisierter G-Unit-Narrative entlang.

Gemeinsam frönen sie jetzt einer entgrenzten Hip Hop-Definition und wollen dabei auf "The Stimulus Package" dem Genre nicht viel weniger als die nötige Spritze geben, um wieder auf die Beine zu kommen. Um es vorweg zu nehmen: Die Operation ist gut verlaufen, der Patient befindet sich weiterhin im Koma.

Natürlich können Jake & Free nicht das Schicksal eines gesamten Genres zum Guten wenden. Was sich aber hier auf 55 Minuten Rap-technisch durch die Boxen schleicht, muss keinerlei Vergleichen - weder auf Untergrund- noch auf Mainstream-Ebene - scheuen.

"The Stimulus Package" birgt kondensierte Rap-Tradition aus den Händen eines überdurchschnittlich talentierten und immens interessanten Rappers und eines musikalisch begabten und hörbar fokussierten Produzenten. Qualitätsware für alle, die Hip Hop für seine Energie, Intensität und simplifizierte Musikalität schätzen.

Bereits "Throw Your Hands Up" zeigt, mit welchen einfachen Mitteln Free und Jake bekannte Hip Hop-Floskeln, Scratches im Refrain, treibende Drums und einem perpetuierenden Loop zu einem astreinen Stück Rap destillieren.

Diese Einfachheit avanciert jedoch bei einigen Songs zur quasi austauschbaren Hip Hop-Realität. Wenn nämlich Tracks danach klingen, als habe der Produzent einen Beat verschickt und der Rapper in Folge darüber gerappt, dann fehlt die Magie der Kollaboration. "One Foot In" zeigt diese Blutleere. Eine Line wie "If my music don't bubble / I feel sorry for your mother" bringt dies gähnend auf den Punkt.

Ganz anders dabei "Never Gonna Change". Wenn Jake One seinen Beat brechen lässt, fällt auch das rauchige Organ Freeways in den neuen Rhythmus und flowt sich sicher durch den Break. Es ist nichts Neues, dass die musikalische Grundlage die Qualität Freeways bestimmt. In diesem Zusammenhang sollte der Name Just Blaze die Glocken klingeln lassen.

"Microphone Killa" beweist, dass ein nach vorne preschendes Instrumental den Rapper mit Erfolg aus der Reserve lockt. Tatsächlich funktioniert sogar die Baby-Nummer "Follow My Moves", bei der Jake One die Dirty South-Synthie-Drums aus der 808 klaubt und zur Abwechslung mal mehr Pimp C als Premo ist.

Im Großen und Ganzen entzieht Jake One aber Freeway einer kommerziell-orientierten Basis, die ihm in der Vergangenheit des Öfteren krumm genommen wurde. Zurück zu "1-900 Hustler", zurück zu glorreichen State Property-Tagen als der Philly Freezer auf Major-Alben der Roc-A-Fella-Dynasty von den rauhen Straßen des Inner City Ghettos erzählte.

Leider macht sich hier aber Ernüchterung breit: Sein damaliger Haus- und Hofproduzent Just Blaze hat schlicht und ergreifend das absolute Optimum aus Freeway herausgeholt. Jake One schafft das trotz offensichtlicher kreativer Harmonie nicht. "The Stimulus Package" bleibt eben lediglich gute Rap-Musik.

Trackliste

  1. 1. Stimulus Intro feat. Beanie Sigel
  2. 2. Throw Your Hands Up
  3. 3. One Foot In
  4. 4. She Makes Me Feel Alright
  5. 5. Never Gonna Change
  6. 6. One Thing feat. Raekwon
  7. 7. Know What I Mean
  8. 8. The Product
  9. 9. Microphone Killa feat. Young Chris
  10. 10. Follow My Moves feat. Birdman
  11. 11. Sho' Nuff feat. Bun B
  12. 12. Freekin' The Beat feat. Latoiya Williams
  13. 13. Money feat. Omilio Sparks + Denaun Porter
  14. 14. Free People
  15. 15. Stimulus Outro

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