laut.de-Kritik
Das letzte ersguterjunge-Aufgebot setzt auf Bushido-Cosplay.
Review von Dominik LippeIn der Anhäufung aus Pseudodokus und PR-Stories, Ehe-Podcasts und Ehrenpatenschaften gerät leicht in Vergessenheit, dass Bushido einst als einflussreicher Rapper in der Öffentlichkeit stand. Sein Label ersguterjunge dürfte vor allem für Genrefremde über viele Jahre als offizielle Botschaft des Rap gegolten haben. Doch der ehemals stolze Kader ist zusammengeschrumpft. Jean und Solé bilden nun das letzte Aufgebot. Ihr erstes Album "K.I.D.S." fungierte als Sonderbeilage der Box-Edition zu "Sonny Black II". Eine Hälfte des Duos wagt nun den Sologang - und wandelt dabei auf den Spuren des Chefs.
Gewitterwolken ziehen auf, bevor ein Instrumental aufmarschiert, aus dem die von Bushido bekannte Kompromisslosigkeit und Abwesenheit von Selbstironie spricht. Schon "Der Weisse Hai" setzt mit begleitenden Chören zum pathetischen Höhenflug an. "2022, jeder Hurensohn will Rapper werden", bringt er sich mit variantenarmen Flow in "Biohazard" einigermaßen fragwürdig als Newcomer ins Spiel. "Es ist Zeit für mein Solotape. Ich frag' mich, warum jeder Rapper jetzt für Promo bläst?", stellt Jean in den Raum, um sich sogleich in Bushidos ewigem Konflikt mit Fler zu engagieren.
Übellaunig und damit etwa im Vergleich zu Farid Bang völlig charmebefreit, beschimpft er die Kollegen des rappenden Gewerbes. T-Low missfällt ihm in "Der Weisse Hai" ebenso wie Fler, Laas Unltd. und PA Sports ("Allein Gegen Alle"). Plump watscht er Negatiiv OG als "Hurensohn" ab ("Biohazard"), während Jean in "Der Letzte Samurai" über "Insta-Rapper", Metrickz und Money Boy herfällt. Am beharrlichsten bekämpft er aber Sinan-G. Mal spöttelt er über dessen Badewannenvideo ("Unleashed"), mal meint er ihn mit "Transe" oder "Sinan Bi" abwerten zu können ("Yayolines", "Scorpion King").
Eigentlich braucht er nur Bushido an seiner Seite. Kritiker warfen dem Neu-Dubaier jahrelang vor, die Dienste von Ghostwritern in Anspruch zu nehmen. Jean rappt nun so, als schriebe das EGJ-Oberhaupt seine Verse. Wie dieser war er "nie ein Rapper" ("Yayodealer"), tanzt mit Lederjacke im Club ("Yayolines"), aber meidet dabei R'n'B ("So Soll Es Sein"). "Ich hab' jetzt offiziell mit jedem Streit", zitiert er wortwörtlich aus "7", wohingegen sich "Deine Besten Zehn" umfangreich an "Vom Bordstein Bis Zur Skyline" bedient. Es ließe sich glatt ein Trinkspiel daraus kreieren, alle Referenzen aufzudecken.
Das alles geht als Petitesse durch, verglichen mit seinen politischen Einlassungen. "Guck dir den Westen, die Männer haben Leggins an", wiederholt er in "Unleashed" die Putin-Propaganda vom angeblich verweichlichten Westen, den auch rechtspopulistische Medien dankend aufgreifen. Wie Julian Reichelt missfallen ihm die "buntlackierten Fingernägel" bei Männern. "Du hörst Country, aber nicht in meiner Gegenwart. Denn Araber und alle Russen mögen kein Amerika", positioniert er sich auf unangenehme Weise in "Deine Besten Zehn". "Der Weisse Hai" verbreitet lieber "Schrecken so wie 9/11."
"Fick die Politik, ich bin gegen Krieg, doch nichts bricht mein' Nationalstolz", betont der Rapper in "Allein Gegen Alle", und es stellt sich die bange Frage, welche Nation er wohl im Sinn haben könnte. Im geradezu feierlich instrumentierten "Bluten" beklagt er sich wiederum, dass er nach 20 Jahren "hier noch immer nicht willkommen" sei. Verbitterung begleitet "Schwarze Tränen". Mustergültig wechselt er auch in "So Soll Es Sein" vom Hoch- in den Tiefstatus. Von der Polizei gejagt, vom Richter als "Sündenbock" gebrandmarkt. Dazu weinen die Wolken, während Piano und Streicher Trauer tragen.
Überraschend wagt der Offenbacher zum Ende einen nahezu vollständigen Bruch mit seiner Figur. "Der Junge Der Nie Spricht" rückt seinen kleinen Bruder ins Zentrum, den die Ärzte wegen einer leider ungenannten Erkrankung frühzeitig abgeschrieben haben. Er überlebt, aber leidet unter den Folgen. Jean geht ganz in der Rolle des beschützenden Bruders auf, der es ehrlich bedauert, dass sein Geschwisterteil schließlich ins Heim muss: "Hoffentlich kannst du uns allen mal verzeihen." Ein berührendes Thema, das sein vorangegangenes Bushido-Cosplay noch fragwürdiger erscheinen lässt.
13 Kommentare mit 12 Antworten
Das Artwork wirkt als sei irgendwer Samstag abends um 22 Uhr zur nächstgelegenen Tanke einer beliebigen Stadt geschickt worden, habe dort laut "Oh je, er muss ja wirklich winzig sein, hm?" gerufen und den erstbesten BMW-Wicht, der sich danach umdreht, mit seiner Handykamera abgelichtet.
Wirklich ein schlimmes Cover, find solche Cover, auf denen man die Fresse vom Künstler in Großaufnahme sieht eh schon dick unsympathisch, aber das hier... immerhin verdeckt die Belichtung den ich-lasse-mir-den-stehen-damit-ich-Bier-und-Zigaretten-für-die-Gang-kaufen-kann-Fusselbart.
BMW Wicht? Der fährt Straßenbahn und rennt vor Kontrolleuren weg.
Musik für garret 1/5
Ich geb ihm zwei Jahre, bis er mit seiner eigenen "Bushido-ist-ein-Ausbeuter-und-Lügner"-Story um die Ecke kommt.
Fremdscham Latte wieder ein Stück höher gelegt. Mal sehen wann der nächste kommt..
Dieser Kommentar wurde vor einem Jahr durch den Autor entfernt.
gruß an die bushidobubble auf twitter ihr seid allesamt abschaum und es wird zeit erwachsen zu werden 1/5 ist klar für so nen schmock