laut.de-Kritik
Anglizismen, Adlibs und absurde Vergleiche.
Review von Florian DükerIm Januar 2020 reagierte MoneyBoy mal wieder auf den Tod eines Prominenten. Wer den österreichischen Rapper kennt, weiß, dass er früher nur selten eine Gelegenheit ausgelassen hat, um Witze über verstorbene bekannte Persönlichkeiten zu reißen. Egal, ob es sich um Schauspieler wie Paul Walker oder Musiker wie Udo Jürgens handelte: MoneyBoy machte sich darüber lustig.
Als Anfang des Jahres die Nachricht vom tragischen Tod der Basketball-Legende Kobe Bryant, gestorben bei einem Helikopterabsturz, um die Welt ging, folgte wieder eine Reaktion auf MoneyBoys Twitterkanal. Doch diesmal las man dort keine Witze, sondern ehrliche Anteilnahme: "R.I.P. Kobe Bryant. Ich bin so sad und wollte es nicht glauben. Kobe war mein größter Held und favorite NBA player aller Zeiten. Ich war von niemandem ein größerer Fan". Typische MoneyBoy-Sprache, aber keine Ironie, kein Schalk im Nacken.
Ist der 38-Jährige etwa erwachsen geworden? Hat sich mittlerweile sogar er verändert? Ist er dem geschmacklosen Provokateur von damals entwachsen? Auch "Rap Up 2019", die Single seines neuen Albums, beginnt mit einer ernsten Referenz auf den Tod des US-Rappers Juice Wrld. Hört man den Rest des Tracks, wird deutlich: MoneyBoy nimmt amerikanische Rapper ernst, er nimmt Basketball ernst und er nimmt Designerklamotten ernst. Ansonsten nimmt er überhaupt nichts ernst.
Name, Albumcover und Tracklist seines neuen Albums "Dripolympics" haben mit Seriosität natürlich rein gar nichts zu tun. Schon auf dem ersten Track "Drip Drop" zeigt sich, dass der Boy sich treu geblieben ist. Er vermischt Anglizismen, Amirap-Slang, absurde Adlibs und für Deutschrap ansonsten völlig ungewöhnliche Vergleiche mit Salzstreuern oder Waldbränden. Zwischen der Designermarke Givenchy und dem Wischmopp liegt bei MoneyBoy nur eine Zeile.
Auf "Pringles" beweist Mbeezy, dass er auch seinen Humor nicht verloren hat: "Wenn du bei YouTube ein Video hochlädst, dann kriegst du im Endeffekt nur einen Klick. Einen Klick von dir selbst, du bist eine Schande für die ganze Welt", rappt er über einen Gitarrenbeat von Sonix, einem langjährigen Weggefährten der Glo Up Dinero Gang. Auf "Kartoffelbrei" schießt er humorvoll gegen alle Boomer namens Gunnar: "Du bist nicht Gunna, Mann, du bist Gunnar! Wie beim Poolbillard schieb ich eine Nummer."
Die Beats auf "Dripolympics", für die neben Sonix Beats auch AndrewExtendo, BeatsByRima, Kop, Psaiko.Dino, CashMoneyAP, Shvde und Young Kira verantwortlich zeichnen, nehmen verschiedene Trends der aktuellen US-Rapszene auf und würden auf den Tapes von MoneyBoys Idolen wie Gucci Mane oder Soulja Boy auch nicht fehl am Platz wirken.
Über die 21 Tracks und 60 Minuten hinweg zeigt MoneyBoy, dass er ein unterschätzter Rapper mit weiterentwickeltem Flow ist. So unterhaltsam wie der Boy sind nur wenige. Das liegt daran, dass Sebastian
Meisinger sich mit Popkultur wirklich gut auskennt und seinen ganz eigenen, alles andere als dummen Humor hat.
Seiner Zeit war er sowieso schon immer irgendwie voraus. Auch wenn er bis heute immer noch belächelt wird, versteht MoneyBoy von Rap vermutlich mehr als jene Rapper und Rapfans, die ihr Schaffen beziehungsweise das Genre bierernst nehmen.
Dass MoneyBoys Stil trotzdem unglaublich wack und uncool klingen kann, zeigen seine Featuregäste, insbesondere Spinning 9 auf "Flexin". Er erweckt den Anschein, als schleife die Glo Up Dinero Gang ihn eher wegen seiner Kontakte zu US-Rapper Soulja Boy mit, aber bestimmt nicht wegen seiner Fähigkeiten oder seiner Coolness.
Ein komplettes MoneyBoy-Album von vorne bis hinten anhören wird vermutlich nur jene Fraktion, die jedes YouTube-Video, das mit Meisinger zu tun hat, mit "Scurr", "Burr" oder "Sheesh" kommentiert, daher hier ein paar Anspieltipps: Hört "Rap Up 2019", weil er bei seiner Zusammenfassung des Hip Hop-Jahres wirklich ins Flowen kommt. Hört "James Harden" und "Ice Box" wegen der angenehmen Instrumentals in Verbindung mit Mbeezys unterhaltsamen Versen. "Drip Juice" aus dem letzten Jahr, hitverdächtiger als alle Songs auf "Dripolympics", hat es leider aus irgendeinem Grund nicht aufs Album geschafft.
MoneyBoy ist natürlich nicht erwachsen geworden. Seine Musik ist immer noch ein bunt zusammengewürfelter und strukturloser Mix aus Anglizismen, Adlibs, Popkultur-Referenzen, absurden Vergleichen und insgesamt unterhaltsam Strophen auf 08/15-Trapbeats. Dass das Album viel zu lang ist, rein gar keine Kohärenz aufweist (mit Ausnahme davon, dass es doch fast immer irgendwie um Drip geht) und komplett auf Unterhaltungswert statt auf Inhalt setzt, dürfte bei MoneyBoy klar sein. Fans von amüsantem Rap, Trapbeats und soliden Flows kommen auf ihre Kosten.
10 Kommentare mit 8 Antworten
„ Seiner Zeit war er sowieso schon immer irgendwie voraus. Auch wenn er bis heute immer noch belächelt wird, versteht MoneyBoy von Rap vermutlich mehr als jene Rapper und Rapfans, die ihr Schaffen beziehungsweise das Genre bierernst nehmen.“
True.
Ins Album wird bei Gelegenheit mal reingehört.
Das mag ja sein, nur hat er sein Verständnis nie in Qualität ummünzen können und ist zur kompletten Karikatur verkommen.
Ja, an sich nicht zu leugnen. Aber ich glaub, das ist ihm durchaus bewusst und, wie ich ihm zutrauen würde, durchaus ein durchdachter Teil der Kunstfigur. Der wäre sonst gar nicht tragbar vor so einigen Aussagen. Die meisten von GUDG sind ja lebende Karikaturen.
klar ist das absicht der boy ist schlauer als alle deutschrapper zusammen
"Zur Karikatur verkommen"? Wir reden hier über den Typ, der seine Karriere mit "Steige aus dem Beeeeett, dreh den Swaaaag auf" begann. Natürlich darf man seinen Kram auch heute nicht ernst nehmen, aber der hat sich tatsächlich ziemlich entwickelt. Er kann sogar ganz passabel rappen mittlerweile.
Das stimmt schon. Bei all seinen guten Ansätzen fällt es halt trotzdem schwer einen Track von ihm öfter zu hören... Einmal reingehört, hie und da mal geschmunzelt, das wars dann aber auch.
Jo, geht mir ähnlich. "Monte Carlo" hab ich letztes Jahr öfter gehört, als ich zuzugeben bereit bin.
10 von 5
Benny Blanco ist ein certified Banger.
No no no, steige aus dem bett hör'e radiohead.
Drei sterne für einen Typen der unfähig ist zu rappen? Sein Hip Hop Knowledge interessiert mich recht wenig, vor allem wenn sich jedes Lied was ich von ihm kenne wie ein "Töte mich" anhört. Aus dem Bett steigend pushe ich noch ungehört auf 1/5
Warum ist es im Hip-Hop wichtig, daß jemand rappen kann? Hast Du die letzten zehn Jahre verschlafen? Für Skill gibts Punktabzug.
Ich muss mir den Kerl mal geben.