laut.de-Kritik

Dafür tauchten sogar Coldplay aus der Versenkung auf.

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Auf dem Soundtrack zum zweiten Teil der vermeintlichen Jahrhundert-Trilogie tummelt sich ein Zuckerstückchen nach dem anderen.

Sogar Coldplay tauchten extra aus der Versenkung auf, um ihrer Hingabe für die Geschichte über Klassenkämpfe in einer fernen Welt zu frönen. Die ganze Aufregung war dann aber doch mehr, als "Atlas" erfüllen konnte. Das übliche Coldplay-Klavier paart sich mit pathetischen Zeilen und gewohnt reichhaltigem Arrangement. Ein wenig interessanter gehen Of Monsters And Men mit ihrem ebenfalls neuen Track "Silhouettes" zu Werke.

Nach dem balladesken Auftakt präsentiert sich das australische Multitalent Sia zusammen mit The Weeknd am Mikro und Diplo an den Turntables in "Elastic Heart". Hymnenartiger Refrain und viel Bass verschmelzen zu einer kämpferischen Grundstimmung, die sich angemessen in die Story des Film eingliedert. Später ist The Weeknd auch noch einmal mit "Devil May Cry" zu hören. Mit viel zuviel R'n'B-Flair überzeugt er jedoch nur bedingt.

Weniger von kommerziellem Ruhm heimgesucht, stellen sich The National an vierte Stelle. Mit leicht folkigem Charme und dezenter Melancholie ist "Loan" wie seine Vorgänger extra für die Hungerspiele, die von Action, hochgradiger Dramatik und einem Fünkchen Hoffnung handeln, komponiert worden. So wirklich warm werden Plot und Sound hier aber nicht. Ganz anders verhält es sich mit Christina Aguileras "We Remain". Die Gute hängt ihrem einstigen Image als Einzelkämpferin nach und befindet sich textlich nah am Geschehen: "So burn me with fire, surround me with rain [...] whatever happens here / we remain.".

Im Mittelteil des Soundtracks finden sich die Newcomer des Jahres zum filmischen Stelldichein zusammen. Mit dabei: Imagine Dragons, Lorde und The Lumineers. Mit viel Getrommel wirbeln Erstere in "Who We Are" ordentlich Staub in der Arena auf. Wirklich bleibende Substanz besitzt der Song jedoch nicht. Dann doch lieber Lordes Neuinterpretation des Tears For Fears-Dauerbrenners "Everybody Want's To Rule The World". Spannungsgeladen und effekthascherisch steigt die 17-jährige Neuseeländerin mit den ganz Großen in den Ring. Durchaus erfolgreich. The Lumineers reißen dagegen ähnlich wie The National weniger vom Hocker. Was rein technisch keine Kritik bedeutet - folkige Einflüsse haben in einem futuristisch geprägten Film wenig verloren.

Als passender Übergang von Neu zu Bewährt trägt Ellie Goulding mit "Mirror" einen - mancher wird es erraten haben - typisch dubsteppigen Popsong "..cause I was the girl who was on fire.". Weniger gut gewählt ist da der Bruch zu Patti Smiths "Capitol Letter". Das ausgenommen schöne Lied, das mit Zeilen wie "she's the silent one / with her soft boots" und "racing though the flames" Schritt hält, geht zwischen den viel poppigeren Goulding und Santigold komplett unter. Apropos Santigold: Bei "Shooting Arrows At The Sky" trifft der Titel zwar den Nagel auf den Kopf, der Rest schwächelt jedoch beharrlich. Nach so viel übermäßigem Starkonsum streicheln auf der deutschen Version des Soundtracks Abby zum Abschluss mit einer ordentlichen Portion Lässigkeit über ihre Saiten und die gespannten Gemüter.

Besonders auffällig an diesem Soundtrack ist, dass sich vor lauter großen Namen keiner wirklich aus der Reserve zu trauen scheint. Obwohl die Songs alle in erster Linie für den Film, bzw. dessen populärmusikalische Untermalung herhalten sollten, bleiben alle doch lieber in ihrer persönlichen Lieblingsecke. Keine großen Experimente, kaum Überraschungen. So gut wie jeder Track für sich ist gelungen. Vielmehr dreht es sich aber um eine Ansammlung von bekannten Musikern, die auf den fahrenden Zug aufspringen, indem sie ab und an mal ein "fire", "burn" oder "fight" in ihre Texte einstreuen. Da hatte ich mir nach dem Soundtrack zu "The Hunger Games", bei dessen Arrangement T Bone Burnett höchstpersönlich Hand angelegt hat, ein wenig mehr erwartet.

Trackliste

  1. 1. Coldplay - "Atlas"
  2. 2. Of Monsters And Men - "Silhouettes"
  3. 3. Sia - "Elastic Heart"
  4. 4. The National - "Lean"
  5. 5. Christina Aguilera - "We Remain"
  6. 6. The Weeknd - "Devil May Cry"
  7. 7. Imagine Dragons - "Who We Are"
  8. 8. Lorde - "Everybody Wants To Rule The World"
  9. 9. The Lumineers - "Gale Song"
  10. 10. Ellie Goulding - "Mirror"
  11. 11. Patti Smith - "Capitol Letter"
  12. 12. Santigold - "Shooting Arrows At The Sky"
  13. 13. Mikky Ekko - "Place For Us"
  14. 14. Phantogram - "Lights"
  15. 15. Antony & The Johnsons - "Angel On Fire"
  16. 16. Abby - "Again"

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9 Kommentare mit 35 Antworten

  • Vor 11 Jahren

    Lordes Part ist erwartungsgemäß cool, den Rest kann man sich aber schenken.

  • Vor 11 Jahren

    Ich liebe Patti Smith! Capitol Letter lässt erahnen dass sie wahrscheinlich das Buch gelesen hat. Es ist der einzige Song der wirklich was mit Hunger Games zu tun hat. Alles andere sind Songs die halt "fire" im Text haben.
    Neben Patti muss ich noch National und Santigold loben. Lorde, Sia, Weeknd sind auch ganz gut. Christina Aguilera ist ein Totalausfall, eine eklige Power Ballade die einfach unpassend wirkt.

  • Vor 9 Jahren

    Laber.
    "Folkige Einflüsse" gab es bereits sehr erfolgreich, qualitativ hochwertig und toll zum Thema passend auf dem letzen Soundtrack.
    Dieser Weg wird also konsequent weiter gegangen.
    Außerdem passt Folk sehr wohl zur Story, die Bevölkerung in den Distrikten lebt sehr ärmlich und sehr naturverbunden, rückständig im Vergleich zur futuristischen Welt rund um das Kapitol, daher sind Folksongs durchaus angebracht. Außerdem hat durch ihre Rebellion gegen das Kapitol ja auch der politische Charakter von Folk seine Berechtigung, auch wenn es in den Songs des ersten Soundtracks inhaltlich nicht direkt darum ging.