laut.de-Kritik
Natürlich geht es wieder um Sex, worum denn auch sonst.
Review von Michael SchuhDie rechte Hand zur Faust geballt, die linke, liebe Herren der Schöpfung, zur Sicherheit in den Schritt; Peaches veröffentlicht ihren neuesten Knigge für die fortschrittlich denkende und zu selbstbewusstem Handeln bereite Frau von heute. Schon auf "Fatherfucker" von 2003 sah Kollege Straub die daueragitierende Kanadierin den richtigen Weg einschlagen, insgesamt machten die Texte aber immer ein Stück mehr her als ihr wütender und oftmals gleichförmiger Sound.
Auf "Impeach My Bush" trifft dies nicht mehr zu. Wer den trickreichen Albumtitel fälschlicherweise als Auftakt eines 13 Songs andauernden Bush-Bashings missinterpretiert, kennt die Künstlerin schlecht. Stattdessen bringt es Peaches fertig, der medial ausgelutschten Ablehnung für den Kurs des amerikanischen Präsidenten ihr selbst erprobtes Feminismus-Konzept überzustülpen, und zwar überaus lässig mittels eines einzigen, mehrfach hinausgebrüllten Satzes: "I'd rather fuck who I want than kill who I am told to." Radikaler Minimalismus eben, der sich erwartungsgemäß auch in ihren Kompositionen widerspiegelt.
Natürlich geht es wieder um Sex, ja worum denn auch sonst bei einem Fräulein, das sich vor Publikum die Achseln rasiert und ihr Mikrofon am Schambereich reibt. Das finden inzwischen mehr und mehr gestandene Mannsbilder attraktiv, weshalb nach Iggy Pop diesmal Josh Homme am Unterfangen "Neuordnung der Geschlechterrollen" mitwirkte. Auf "Give 'er", einem knackigen wie außerordentlichen Punkrockstück, spielt er zwar streng genommen nur zwei Akkorde, konnte aber wenigstens ein schickes Solo mit reinschmuggeln. An den Drums hier übrigens Eagles of Death Metal-Tante Samantha Maloney, am Backgroundgesang Peaches' alte WG-Mitbewohnerin Feist.
Ein Kindheitstraum der Künstlerin dürfte mit der Zusage der lesbischen US-Rockikone Joan Jett in Erfüllung gegangen sein. Beide Frauen lieben bekanntlich den Rock'n'Roll, hier nachzuhören auf "You Love It", und natürlich versuchen sie als Sonderkommando der Gender-Fürsprecher mit geballten Kräften, seinen Exklusivitätsstatus der Männerdomäne zu entziehen. Dieses hehre Ansinnen verfolgt Peaches allerdings nicht nur vermittels Einsatz sägender Rockgitarren. Ihre Argumente sind auch beatgewaltiger Natur, schließlich zählt die Attitüde. "Tent In Your Pants" etwa rockt sogar einen Pharrell schwindelig, das libidinöse "Downtown" huldigt dem Synthie-Pop, und im Analogbass-Monster "Slippery Dick" fährt sie uns mit ihrem Elektro-Rasierer über den Schnauzbart.
In manchen Kreisen wird bereits vom bisher zugänglichsten Peaches-Album gesprochen, was man insofern stehen lassen kann, als dass Madame ihre verschiedenen Stilvorlieben diesmal einem schlüssigen Konzept folgend austariert. Ihr Electro ist hart, teilweise noch immer unkonventionell programmiert, aber er rockt nun beinahe durchgehend, während die Gitarren ins Mark treffen, wie weiland die der Stooges.
In Sachen Styling ist die Kanadierin natürlich auch schon wieder ein paar Sexshops weiter. Im Booklet posiert sie in goldener Lack-Unterwäsche Marke Table Dance-Bar hinterm Mega-Mischpult, locker nach vorn gebeugt mit Kugelschreiber im Mund. So sieht eine Frau aus, die "two guys for every girl" fordert. Man mag Peaches dafür belächeln, dass noch immer kaum einer ihrer Songs ohne die Worte "fuck" oder "dick" auskommt. Doch Emanzipation ist nicht nur der Wunsch, Dinge genauso selbstverständlich tun zu dürfen wie ein Mann, sondern vielmehr die Durchsetzung jener Ideale. Das mag manch harten Kerl beängstigen, und das ist dann auch gut so. Marilyn Manson-Fans wissen sicher, wovon ich spreche.
Bevor Peaches ihre Drohung aus "You Love It" wahr macht und sich irgendwann in Linda Blair verwandelt, das Mädchen aus dem "Exorzisten", sollten wir besser beeindruckt akklamieren, das großartige "Do Ya" aufdrehen und den Herrn bitten, Langhaarperücken vom Himmel zu werfen. Wir nehmen auch die orientalischen Gesichtsapplikationen, die Peaches auf dem Cover trägt. Als Belohnung fürs Texte mitlesen. Dort lernten die Frauen: R'n'B-Miezen, Hip Hop-Schlampen und die meisten Rock-Hühner vermitteln obsolete Rollenklischees. Wir Männer lernten vor allem eins: Wer den Längsten hat, entscheidet am Ende immer noch Peaches.
14 Kommentare
Sind die nicht scheisse?
wer sind die?
:slap:
[size=-3]up in yo face[/size]
Schon nur das Cover gehört verboten.
Und was die Musik angeht.. Junge, das kannst du garnet gut finden.
@ Space
Ach nein?
@falco («
Aber easy, jedem das seine. »):
Also Impeach My Bush ist ja wohl ein toller Albumtitel. Mal anhören.
Das Album ist stark. Verdammt gute Beats...doch...nette Gitarrenparts...
Mir gefällts....