laut.de-Kritik

Einmal gehört, nie mehr vergessen.

Review von

"Aaahaahaha, aaahaahaha ...". Einmal gehört, nie mehr vergessen - dank einer simplen Vocalhook. Diese machte "Connected", das auf der End-70er-Diskobombe ("Let Me) Let Me Be Your Lover" von Jimmy Bo Horne basiert, vermutlich zum Hit: Ein hypnotischer Groove, der auf die Eins und die Drei strebt, kombiniert mit Rob Birchs in den Vordergrund gemischten preachermäßigen Vocals erledigen den Rest.

"Connected" brachte den Briten 1992 über Nacht globale Aufmerksamkeit: Der Titeltrack gilt als die Soundsignatur der Band, das dazugehörige Album biss sich fast ein Jahr lang in den heimischen Charts fest. Die Stereo MC's tourten zwei Jahre und nahmen 1994 zwei Brit Awards entgegen. Der unerwartete Hype überforderte aber auch, wie man später sehen sollte.

Dabei waren sie längst keine unbeschriebenen Blätter mehr: "Elevate My Mind" hatte 1990 als erste britische Hip Hop-Nummer die US-amerikanischen Charts geknackt. Obwohl man die beiden Bleichgesichter, Rapper Rob und Knöpfchendreher Nick Hallam, nicht gerade als Hip Hop-Act der reinen Lehre begreift.

Ihr Erfolg passt insofern zur aufstrebenden britischen Elektronik-Szene, die in der ersten Hälfte der Neunziger tendenziell düsterere Szenegenres wie Trip Hop oder D'n'B gebar. Gleichwohl trimmten die Stereos ihre Beats und Rhymes auf Dance und injizierten massig Melodie.

Die "Connected"-Songs schwingen durchweg positiv, das legt eigentlich schon der Plattentitel nahe: 'Party muss sein, klar, aber dies Tracks können und wollen mehr'. So hören sich zumindest die Sounds, Instrumente und Samples der Platte an - eingängig: ja, kitschig: nein. Vielleicht mal im Ansatz cheesy, aber nie oberflächlich oder abgeschliffen. Das würde auch kaum zu Robs lakonisch selbstreflexivem Sprechgesang passen.

Genau diese Authentizität lässt die Dance-Truppe bis heute auf der Bühne vor einem begeistertem Anti-Charts-Publikum auftreten. Dabei folgt gerade "Connected" einer unkomplizierten Poplogik: Man hört cluborientierte Tracks, funky Rhythms, tanzbare Beats, deepe Bässe, Blasinstrumente, Streicher und alle möglichen Tasteninstrumente aus dem Vokabular von Funk, Soul, Disco oder Hip Hop, vielleicht mal ergänzt um ein Gitarrenlick oder einen Donnerschlag.

Doch meist kristallisiert sich eine kurze prägnante Melodiephrase über drei oder vier Töne hinweg als tragender Kern eines Arrangements heraus - man denke an besagten Titeltrack. Das reicht aus, um den gesamten Körper in Schwingung zu versetzen, zumal Melodie und Rhythmus im richtigen Mischungsverhältnis vorhanden sind.

Das schnelle "Creation" entfaltet seine Wirkung auch unterschwellig aufgrund eines Subbasses, der als rhythmischer Schwerpunkt auf jede zweite Vier ausgelöst wird. "Step It Up", der zweite zentrale Song der Platte, erkennt man sofort am charakteristischen achtelbasierten Key-Intro - irgendein griffiger Anker findet sich immer.

Bei "Ground Level" stellt dies eine kleine gepfiffene Melodiehook dar. Beim Anspieltipp "Pressure" findet sich bereits im Intro ein immer wiederkehrendes Thema aus drei, vier Vocaltönen: Die Melodie ist vermeintlich simpel gestrickt, groovt aber im Moment los und steht auch problemlos für sich alleine.

Charakteristisch bleibt für die Stereos außerdem ein tendenzielles Call and Response-Prinzip von Rapper und Frauenvocals (letztere übernehmen oft die Refrainhooks). Die Zweigleisigkeit der Vocals bleibt ein zentrales Erkennungsmerkmal ("Fade Away"). "Everything" hält eine ähnlich gute funky Bassline bereit, "Playing With Fire" ein Pet Shop Boys-Sample und zu "All Night Long" packt man am besten Grünes aus: Alle Albumtracks, auch die wenigen instrumentalen, fügen sich nahtlos in dieses Gesamtbild aus Groove, Melodie, Pägnanz und Reflexion ein.

Und nach dem Sprung auf die große Bühne? Folgte die totale disconnection: Man habe damals den Kontakt zu sich selbst verloren, so Rob. Eine Schreibblockade kam hinzu, und so verschwanden die Stereos für Jahre von der Bildfläche - kommerzieller Selbstmord, wie er es später ausdrückte. Doch in allem Ende steckt bekanntlich ein Neuanfang: 2001 kehrten die Stereo MC's rougher, dubbig und immer noch funky zurück - "Deep, Down And Dirty" wurde zum nächsten Fanhighlight.

In der Rubrik "Meilensteine" stellen wir Albumklassiker vor, die die Musikgeschichte oder zumindest unser Leben nachhaltig verändert haben. Unabhängig von Genre-Zuordnungen soll es sich um Platten handeln, die jeder Musikfan gehört haben muss.

Trackliste

  1. 1. Connected
  2. 2. Ground Level
  3. 3. Everything
  4. 4. Sketch
  5. 5. Fade Away
  6. 6. All Night Long
  7. 7. Step It Up
  8. 8. Playing With Fire
  9. 9. Pressure
  10. 10. Chicken Shake
  11. 11. Creation
  12. 12. The End

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20 Kommentare

  • Vor 12 Jahren

    Es wird hier zuviel Hip-Hop rezensiert. Gang Starr, NAS, Public Enemy, A Tribe called Quest, Stereo MCs, The Roots, Outkast, Mobb Deep, N.W.A bis jetzt. Metal ist im Vergleich mit zwei, drei Alben etwas unterrepräsentiert. Ebenso Jazz (was natürlich gerade erst dran war) oder elektronische Musik (Daft Punk, Kraftwerk und Aphex Twin).

  • Vor 12 Jahren

    Es wird hier zuviel Düsterheimer-Kappes rezensiert. Joy Divison, The Cure, Sisters Of Mercy, Type O Negative, Nine Inch Nails, Bauhaus, Depeche Mode, Nick Cave. Mehr Soul! Wo sind Schlager, Obertongesang und Humppaa?
    Nebenbei: Eine meiner Lieblingsplatten @ Connected.

  • Vor 12 Jahren

    Darin stimme ich Dir auch zu - sowohl sinistres als auch Hip-Hop sind überrepräsentiert; deswegen ja, schlage ich vor mal in einige andere Genres abzudriften (vielleicht sogar... Klassik... kreisch!).