laut.de-Kritik
Electro Hop-Clubtracks für den feuchten Party-Traum.
Review von Matthias MantheTik Tok on the glock, but the party don't stop, wünschen sich Uffie und ihre Ed Banger-Feierfreunde bestimmt. In der Zuversicht, die "zugedröhnte, Glitter kotzende, nackte Schlampe in einer US-amerikanischen Flagge" alias Kesha hätte den Markt des übersexualisierten US-Partygirls, das zwischen Bourbon und Autotune am Morgen danach in irgendeiner Ecke aufwacht, nicht schon vollkommen abgegrast, schickt das Pariser Headquarter mit drei Jahren Verspätung Uffies Version des feuchten Party&Fame-Traums über die Startrampe.
Erstmalig ward die Albumpremiere nämlich bereits für 2007 angekündigt. Süße 19 war Anna-Catherine Hartley da, und ihr "Pop The Glock" eine der präsentesten Electro Hop-Clubtracks. Lasziv und selbstbewusst zielte sie auf genau jenen hedonistischen Nerv, den ihre Labelmates Justice gekitzelt und zum Ed Banger-Hype stilisiert hatten.
Dieses erste Lebenszeichen, zu dem ihr damaliger Boyfriend DJ Feadz sie erst lange überreden musste, brachte den Stardom 2.0 ("Zu der Zeit ist gerade das MySpace-Phänomen aufgekommen. Ich war nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort.") - und kommt 2010 wieder: mit einem geradezu ekelhaft trashigen Video sowie als eines von drei verjährten Stücken, die es überraschenderweise immer noch auf den Langspieler geschafft haben ("First Love" und "Brand New Car" die zwei anderen).
"Sex Dreams And Denim Jeans" ist dabei ein natürlich gezielt provokanter Titel. Da zudem der French Touch-Rummel momentan lebendig begraben vor sich hin vegetiert, der Zeitgeist weitergezogen und Uffie damit zu spät dran ist zum Abgrasen, gibt man sich auch in der Promoansage streitbar bis trotzig: Als "Personifikation ihrer Generation" verkauft "das ultimative It-Girl" das "meisterwartetste Debüt 2010" auf MySpace.
Was das Album indes bietet, ist bewusst dilettantische Antimusik. Als Werkstoff ihrer Produzenten Mirwais, Feadz, Oizo und SebastiAn klingt Uffie exakt so, wie es zu vermuten wäre: nach einer eher profillosen Synthpop/Nu Disco/Indie Dance/Rap-Synthese. Das Pharrell-Feature "ADD SUV" paust Britney Spears' "Piece Of Me" ab; der frühere Madonna-Producer Mirwais macht "Illusion Of Love" zu einem nervtötenden "Ray Of Light"-Imitat getränkt in Ecstasy-Happiness; und der Titeltrack verliert sich trotz Velvet Underground-Gitarrensample in purer Bedeutungslosigkeit.
Musikästhetisch wirkt diese Albumpremiere folglich hoffnungslos dated. In Reaktion auf die weitbekannte Tatsache, dass die mittlerweile 22-jährige Wahlpariserin außerdem weder rappen noch singen kann und ihr kreatives Potenzial sich in Electroclash ("Art Of Uff"), bratziger BigBeatigkeit ("MCs Can Kiss") und ein wenig abgebremster Gefühligkeit ("Give It Away") erschöpft, gibt sie sich inhaltlich ganz GaGa.
Denn wer sich jahrelang in Phrasen wie "I'm gifted, ain't gonna sell sex", "Don't worry if I write rhyhmes, I write cheques" oder "I got two million MySpace plays" derart gezielt selbst ikonisiert hat, dem gehen alsbald die Vokabeln aus. Da bleibt als Ausweg nur noch mehr Selbstreferenzialität: "There's the one's who rap and the ones who don't care (…) / I'm the least working girl in showbusiness" ist nur eines von vielen lyrischen Musterbeispielen.
Am deutlichsten stellt Uffie ihre ironische Distanz zum Fame aber in "Our Song" zur Schau, wenn sie feststellt: "I never called myself an artist / I can't even sing you know (…) I'm a lost child can't you see / Taking advantage of this industry". Hier wandelt sich Spott für den gezeitigten Hype um die eigene Person in eine (für einen Popmusiker) geradewegs zynische Sichtweise auf die Kulturindustrie. Lady GaGas "Paparazzi" ("We're plastic, but we still have fun") hatte die Quintessenz des modernen Popstarseins noch nicht ganz so offensiv propagiert.
Als inhaltliches Konzept bleibt dieser Meta-Ansatz allerdings eine Chimäre. Uffie textet "Illusion of love is better than none" und denkt im Stillen "Illusion of art is better than none". Leider ein falscher Umkehrschluss, schließlich wird der Schmerzaffekt bei so viel Plattheit nicht abgemildert durch einige selbstreflexive Textzeilen allein. Methodischer Trash gebiert nicht automatisch neue Kunst.
8 Kommentare
Musik für (hippe?)Studentinnen die mittwoch abends einen drauf machen wollen.
Erst den Kram selber hypen und dann runtermachen ^^ entscheidet euch.
Ich finds trotzdem gut.
Tolles Album ^^
"Mc's can kiss" ist der Überhit (der bei mir die Top10 Songs 2010 erreichen könnte), ansonsten absolut schwache Platte, genau wie schon Pop The Glock und First Love andeuten ließen.
Wo ist die Power aus "Ready to Uff" oder "Hot Chick" hin?
@nicht ihn nicht er (« total schwul »):
Na und dann ist es halt für dich schwul,hast du was dagegen?Hast du was gegen homosexuelle oder was?
Für die Stimme nehm ich jede Hürde!