laut.de-Kritik
Diesem Gesang kann man sich nicht entziehen.
Review von Dani Fromm"I Need A Dollar" fand längst seinen Weg in jedermanns Gehör. Der eindringlichen Kombination aus sich stetig wiederholenden Klaviernoten, Bass und Aloe Blaccs zartschmelzendem Gesang kann sich nicht entziehen, wer Ohren, Hirn, ein Herz und eine Seele besitzt. Die erste Single ließ Bestes ahnen, das zugehörige Album löst das Versprechen ein.
Mit Schützenhilfe seiner Produzenten Jeff Dynamite und Leon Michels legt Aloe Blacc eine zeitgemäße Version des "Inner City Blues" vor, wie ihn Marvin Gaye oder Grover Washington Jr. intonierten. Soul, dieser Tage zu oft als Liebesfreud/Liebesleid-Soundtrack missverstanden, darf nicht, er muss kritisch sein. Folgerichtig beackert Aloe Blacc in seinen Texten nicht nur Privates, sondern packt auch heiße Eisen an.
"The problem with having everything you want is you never really know what you need", fasst er in "Miss Fortune" eins der Hauptprobleme jeder Konsumgesellschaft zusammen. Er prangert Ungerechtigkeit an, schildert Geldsorgen, Armut, Obdachlosigkeit, beklagt die Achtlosigkeit im Umgang miteinander. Traurige Tatsachen, die sich unmittelbar aufs Gemüt, auf die Seele schlagen – und damit im Grunde zwingend Themen des Soul.
Dem kaum verhohlenen Unmut in den Lyrics zum Trotz bleibt Aloe Blaccs Gesang sachte, warm und somit doppelt berührend. Völlig frei von Schnörkeln oder Effekthascherei brilliert er als überaus vielseitiger Sänger, den man getrost in einem Atemzug mit Otis Redding und Curtis Mayfield nennen darf.
Die schlanken Produktionen, die der Stimme reichlich Raum lassen, unterstreichen deren Größe noch. Immer exakt zur richtigen Zeit lässt Leon Michels die Bläser aufblitzen. Funky Wah-Wah-Gitarren ("Hey Brother"), ein beinahe Reggae-typischer Offbeat-Rhythmus ("Miss Fortune"), fröhlicher, heller Keyboard-Sound ("Good Things") oder schlicht Piano und Bass ("Mama Hold My Hand"): Jedes Element findet in den perfekt strukturierten, auch bei Detailfülle noch übersichtlich angelegten Nummern seinen Platz.
"Take Me Back" regiert ein toller Basslauf, der den dunklen Gesang flankiert, in "Loving You Is Killing Me" sind es Orgeltöne und präsentere, treibende Drums. Der dramaturgische Aufbau der Songs fesselt durchgehend. So nehmen einem die Kunstpausen in "Femme Fatale" schier den Atem.
"If I" grüßt mit seinen rhetorischen Fragen in Richtung Gospel. Zu dieser Nummer ließe sich, wie auch zu "Femme Fatale", problemlos ein Walzer tanzen. "You Make Me Smile", ein zauberhafter Love-Song, in dem Aloe Blacc den Quell innerer Heiterkeit verrät, setzt dagegen wieder auf quakende Funk-Gitarren.
"Good Things" - ein wahrerer und zugleich stärker untertriebener Titel hätte sich schwerlich finden lassen. Aloe Blaccs Storys sind zweifellos jeden Dollar wert. "If I sang a song would you sing with me?" Ach, wenn ich es doch nur ansatzweise drauf hätte ...
7 Kommentare
top album!
ausserdem selten so ein gelungenes velvet underground cover gehört, dazu noch ein großartiges video:
http://www.youtube.com/watch?v=ZagfIvECkeA
Jep, das Ding is groß
5/5 geht klar
geile scheibe. für rap-affine ohren manchmal im reimkonstrukt zu simpel und berechenbar, musikalisch aber ganz groß. ich denke 4/5 wäre gerechtfertigt gewesen. einfach gute musik...
Das ist das Album der Woche !
@ dani: Habs mir nu geholt und muss sagen, deine Review trifft voll ins Blacce . Die Gitarren in Hey Brother kommen schon fast rüber wie bei den chili peppers^^.
@ chris de vida: Hat der jemals behauptet zu rappen? glaub nich o_O
@ der hat mal gerappt.
Ich hab Aloe gestern übrigens live in Schlag den Raab auftreten gesehen. Ich bin mir immer noch die Brille am putzen, weil ich den noch aus den Underground-Tagen mit Emanon kenne. Raab hat echt Musikgemschmack.