laut.de-Kritik

Unerwartetes Comeback der britischen Indie-Legende.

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Mit einem Chameleons-Comeback konnte nun wirklich niemand rechnen. Die Information, dass die britische Band noch aktiv ist, zirkulierte maximal in einem Kreis von Menschen, die sich für Festivalplakate mit Bands wie The Mission und Cassandra Complex interessieren. Dort erinnerte man sich ihrer ab 2009, wenn auch in abgewandelter Form, denn die Band hieß jetzt Chameleons Vox, da außer Mark Burgess, genannt Vox, und Drummer John Lever kein Originalmitglied mehr dabei war.

Doch dies waren lästige Details, denn Burgess ist nun mal die Stimme, mit der alles begann, damals, 1983. Wer jemals "Script Of The Bridge" gehört hat, weiß vieles: Dass Interpol nicht nur die Smiths kopiert haben, dass im Pantheon großartiger Postpunk-/Dream-Pop-Debütalben ein Album auffällig oft übersehen wird und dass es im Manchester der frühen 80er Jahre sicherlich an vielem mangelte, aber nicht an kreativen Musikern.

Im Gegensatz zu U2, die 1983 das im direkten Vergleich nicht wirklich kommerziellere "War" ablieferten, nahm die Karriere der Chameleons leider einen tragischeren Verlauf: Nach drei Alben und dem Tod ihres Managers lösten sie sich 1987 auf. 2001 entstand ein außerhalb von Manchester kaum beachtetes Reunion-Album, dem wieder Streit und Auflösung folgte. Burgess 2017 auf die Frage, in welcher anderen Band er gerne gespielt hätte: "Bei den Beatles. Die Kohle hätte ich gut gebrauchen können."

"Arctic Moon" ist das fünfte Studioalbum der Chameleons, Original-Gitarrist Reg Smithies ist wieder dabei, Lever starb 2017 und Gitarrist Dave Fielding sei mit allen anderen in tiefer Abneigung verbunden, ist aktuellen Interviews zu entnehmen. Die neuen Kollegen Stephen Rice (Gitarre), Danny Ashberry (Synths) und Todd Demma (Schlagzeug) wurden ausgewählt, weil sie "kein Interesse an einer Nostalgie-Platte" hatten, freut sich Burgess.

Dies macht das etwas arg breitbeinig geratene "Where Are You?" deutlich, denn für ungestüme, von Reverbs befreite Riffs stand die Band bislang nicht. Die flächigen Synths und Marks noch immer ausdrucksstarkes Organ wirken dagegen sofort vertraut. Hier knüpft "Lady Strange" an, einer ihrer typisch vernebelt-melodiösen, wehmütigen Indie-Rocksongs mit furioser Leadmelodie: So müssen Chameleons im Jahr 2025 klingen. Am Ende schicken Smithies und Rice ihre Gitarren in ein zweiminütiges Mantra, ab dem auch Die-Hard-Fans ihren Frieden mit dieser Besetzung gemacht haben sollten.

Mithilfe von Streichern wecken sie im hymnischen "Feels Like The End Of The World" tatsächlich alte "Script Of The Bridge"-Geister und gerade in den psychedelischen Parts zeichnen sich die neuen Bandmitglieder als respektvolle Chameleons-Experten aus. Die erschreckend hölzerne Ballade "Free Me" gerät daher zu einer unvorhergesehenen Bauchlandung, die das bessere, aber viel zu lang geratene "Magnolia" nicht überdeckt.

Ein Song mit dem Titel "David Bowie Takes My Hand" ist per se zum Scheitern verurteilt, doch Burgess baut aus zunächst offensichtlichen "Space Oddity"-Zutaten eine ergreifende Chameleons-Hymne, die acht Minuten trägt. Time takes a cigarette. "Saviours Are A Dangerous Thing" legt dann nochmal den Trademarksound aufs Tablett und schreit: Ja, wir sind es wirklich, eine Chameleons-Wall-Of-Sound kriegen wir auch ohne Dave Fielding hin.

So ist "Arctic Moon" das versöhnliche Ende einer fantastischen Band, die zeitlebens immer etwas unter dem Radar lief und schleunigst von nachfolgenden Generationen entdeckt werden sollte. So klappte es ja auch mit ihren alten Weggefährten Psychedelic Furs ("Made Of Rain", 2020). Beide sind dieses Jahr noch live auf Tour zu sehen.

Trackliste

  1. 1. Where Are You?
  2. 2. Lady Strange
  3. 3. Feels Like The End Of The World
  4. 4. Free Me
  5. 5. Magnolia
  6. 6. David Bowie Takes My Hand
  7. 7. Saviours Are A Dangerous Thing

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