laut.de-Kritik
Der Cypress Hill-Chef feiert 50 Jahre Hip Hop angemessen.
Review von Stefan JohannesbergDJ Muggs ehrt das fünfzigjährige Hip Hop Jubiläum dieses Jahr auf "Soul Assassains 3: Death Valley", wie es sich für eine Legende gehört: Scarface trifft Freddie Gibbs. Method Man auf Slick Rick, Ghostface auf Westside Gunn. Ex-Enemy Ice Cube teilt sich mit B-Real das Mic - und trotzdem flext gerade Cee-Lo Green mit hartem Street Talk alles und jeden an die Wand. Muggs lässt die ältere Generation glänzen, doch auch jüngere Emcees - vornehmlich vom Eastcoast Boom Bap - nicht in der Booth verhungern.
Wo nimmt das musikalische Cypress Hill-Mastermind nur seine kreative Energie her? Sage und schreibe über 40 - meist gute - Alben droppte er mit Zöglingen wie Rome Streetz, alten Weggefährten wie Mayhem Lauren oder Überraschungen wie Yelawolf zwischen 2018 und 2023. 40! Zusammen mit The Alchemist, 38 Spesh und Griseldas Daringer transformiert Muggs in jenen Jahren mal eben den alten New York-Sound von Havoc und Rza für eine eiserne Fangruppe stabil in die Gegenwart. Irre Loops, trockene Snares und eine Hoodie-Atmosphäre in jedem Song – auch wenn vielleicht eher die musikalisch fluffigeren NachfolgerInnen der Drill-Trap-Cloud-Ära Streamingerfolge feiern, der Rap Rap Sound klingt 2023 nirgends so hart, deep und frisch wie auf "SA 3".
Der Reigen beginnt entspannt mit angezogener Handbremse. Boldy James schlafwandert durch ein sonnig-funkigen Tune ("It's On"), doch bereits das folgende "Check In" inhaliert die Shaft-Filmmusik (der mit Samuel L Jackson) tief ein und versprüht passende OG-Vibes im Hook von Jay Worthy: "I went to your hood and they don't know you / Know who I'm from the new school, but with the old rules". "Sicilian Gold" führt Ghostface zurück in seine stärkste Phase zwischen "Supreme Clientele" und "Bulletproof Wallets". Eine volle Snare, knarzig-funkiges Ryhthm Blues-Sample und der Ironman in bekannter Form enttäuschen nicht. Auch Westside Gunn stehen nach vorne preschenden Drums für seinen leicht quiekend-gepressten Flow richtig gut. New York is in the house und bleibt dort auch mit Roc Marciano, Rome Streetz und Mayhem Lauren auf dem an CNN erinnernden Tough Talk "67 Keys".
Tja, und dann kommt auf "Jokers Wild" erwähnter Cee Lo-Green und brennt das Death Valley noch einmal nieder. Über einen straighten Beat mit latent bedrohlicher Atmosphäre, den Muggs bereits 1998 zusammenzimmerte und erst kürzlich auf einer alten Kassette wiederfand, suhlt sich Cee-Lo im Straßen-Rap-Slang, um der Chicano-Kultur – die Kultur mexikanischer Einwanderer, die in der Landwirtschaft schufteten – seine Ehre zu erweisen. Muggs' Wurzeln liegen bekanntlich in der Mexiko, und so greift Cee-Lo tief in die Skill-Kiste, um seinem Kollegen gerecht zu werden. "Short, stalky, and cocky, my body was designed to brawl / Just thinking out loud, it's a threat without trying at all / 5'6, 350 lb Tupac / I'll blast ya, but in here, I have mastered the 52 glock."
Zum Glück kann Muggs die Spannung nach diesem Monstertrack halten. "Shell Casings" kriecht ultraböse und gefährlich wie im Horror-Thriller durch die In-Ear-Stecker. Auf "Street Made" ergänzen sich Freddie Gibbs mit dem geschmeidigen, schnellen Flow und Scarface mit der Autorität einer Dampfwalze außerordentlich gut. "Skeleton Bones" beginnt mit Rome Streetz wie ein klassischer Muggs-Beat, den man seit 2018 auf jedem Album findet und der wie ein Alchemist-Beat aus einem verranzten Keller-Studio klingt, doch der Beatwechsel in der Mitte katapultiert den Beat in Rza-ähnliche Dimensionen.
Für Method Man und Slick Rick organisiert Muggs auf "Metropolis" Sounds, die an angreifende Killer-Bees erinnern. Meth flowt weiterhin auf hohem Niveau, aber Slick Rick, der ja nur alle Jubeljahre mal zum Mic greift, zerlegt nebenbei alle Rapper dieses Planeten, als wäre er Michael Jordan, der sich mit Zigarre aus dem obersten Stock der Präsidenten-Lounge auf den Court bequemt, nur um dort die aktuellen NBA-Spieler im Eins-gegen-Eins abzuziehen.
Das Album endet mit "Dump On Em". Muggs führt mit einem trockenen Breakbeat und düsteren Synthie-Bass-Lines im Stile von Dres "Deep Cover" und "Natural Born Killaz" auf die Straßen Las der 90er. Dort lungern MC Ren, Ice Cube und B-Real und fühlen sich pudelwohl auf dem Song. Vorbei die Zeiten des unnötigen Beefs zwischen Cube und Cypress. Die Flows sind zwar nicht mehr taufrisch, aber der Track funktioniert im Albumkontext wunderbar und schließt "Sould Assassins 3: Death Valley" gebührend ab. Warum der Refrain "Ich lebe für Hip Hop" im Gehirn sich Bahn bricht, wird nicht weiter erläutert. Um es jedoch mit den Worten von Jay Worthy aus "Check In" zu sagen: "You gotta throw this black hoodie on for this".
2 Kommentare mit 3 Antworten
"Muggs' Wurzeln liegen bekanntlich in der Mexiko," DJ Muggs ist Italoamerikaner.
Trotzdem coole Review. Mal gucken. Das erste Soul Assassins Album klang auf dem Papier so geil und das coole Cover war auch stark. Ausser 3 Songs war da aber nichts wirklich dolles drauf. Der Track mit Dre und die beiden Solosongs von LA The Darkman und MC Eiht sind aber immer noch sehr beliebt in meiner Playlist
One white Boy and two fuckin cubans, claiming that you are Loco, but you aint mexican!
Verleugnest du hier etwa, Sodi?
Sicherlich nicht seinen Kahn und Baal!
Ist ein sehr gutes und durchgängig starkes Album. Die Rezension ist eine von diesen, die sich wie eine 5 Sterne Rezension lesen und dann keine sind. Was ist denn jetzt die Kritik, dass es nur 4 Sterne gab?