laut.de-Kritik
Gemeinsame Höhepunkte zu dritt.
Review von Kai KoppWie kann man nur so vor unerschöpflicher Kreativität strotzen? Nachdem das e.s.t. seit "From Gagarins Point Of View" (1999) ihrer Erfolgsleiter etliche Sprossen hinzufügte, und das Vorgängeralbum "Viaticum" sich 2005 zum meistverkauften Jazz-Instrumental-Album in Europa emporschwang, stellt das schwedische Trio mit "Tuesday Wonderland" ihr zehntes - und bestes - Album vor.
Energiegeladen und innovativ, voller Spielfreude und Schöpferkraft präsentieren die drei Protagonisten die neuen elf Titel. Abermals ausgestattet mit allen ach so liebgewonnenen Zutaten wie Virtuosität, Hingabe, Experimentierfreude (im musikalischen wie klanggestalterischen Sinn) und Komplexität bei gleichzeitiger melodischer Zugänglichkeit, bannen sie des Zuhörers Aufmerksamkeit ab der ersten Note.
"Was wir machen, nämlich Musik, bedeutet vielleicht nicht wirklich vielen Leuten etwas, aber wenn man sich in die Musik hineinfallen lässt, wird man auf eine Reise mitgenommen und kann sein eigenes Wunderland entdecken - eine Reise, die dein ganzes Leben verändern kann" (Dan Berglund). Zuhörer zu sein auf dem Weg ins Wunderland der Musik des e.s.t kommt einem Privileg ähnlich. Es stellt eine Ehre dar, daran teilhaben zu dürfen. Jeder einzelne Titel ideenreich arrangiert, voller kompositorischer und improvisatorischer Raffinesse, macht es einfach nur einen Heidenspaß, mit diesem Trio zu wandern.
Ohne die geringsten Abnutzungserscheinungen oder gar Überheblichkeiten aufgrund ihres immensen, ungebremsten Erfolgs (immerhin sind sie die einzige europäische Jazzband, die es jemals auf das Titelblatt des amerikanischen Jazzmagazins Downbeat geschafft hat) werden sie einfach immer besser. Die "hippste Band die es derzeit im Jazz gibt", spielt nach wie vor mit einer Beseeltheit, an der es vielen anderen Jazzprojekten mangelt.
Das liegt nicht zuletzt daran, dass Esbjörn Svensson, Magnus Öström und Dan Berglund seit vielen Jahren als Team agieren. Sie können sich musikalisch und menschlich aufeinander verlassen, was man ihrem Spiel deutlich anhört. Sie sind jederzeit im Stande, die Wege des Solisten zu antizipieren und ihm eine wahre Gefährtenschaft zu bieten, die sie zu ekstatischen und vor allem gemeinsamen Höhepunkten treibt. Das alles sind Eigenschaften, welche die Popularmusik Bandkonzept nennt. Ein Konzept, das im Jazz leider allzu oft zugunsten einer temporär zusammengewürfelten Band vernachlässigt wird.
Nicht so beim e.s.t., was jeden Live-Gig und jede neue Platte zu einem einmaligen Erlebnis werden lässt. Europas führende Jazzkraft verlässt mit "Tuesday Wonderland" auf ein Neues die ausgetrampelten Klaviertrio-Pfade, indem sie mit scheinbar unbegrenztem Ideenreichtum und ebenso behutsam wie intelligent eingesetzter Elektronik den Weg ins Wunderland der Töne weisen. Das e.s.t. ist definitiv ein Meilenstein in der Geschichte des Klaviertrios, an dem kein Jazzsympathisant ungehört vorbeigehen sollte.
1 Kommentar
sehr schönes album. finde ich deutlich ansprechender als Leucocyte