laut.de-Kritik
Kino-Metal im Breitwand-Format zwischen Atmosphäre und Apokalypse.
Review von Yan VogelHypno5e kreieren auf "A Distant (Dark) Source" wieder eine unfassbar dichte musikalische Beschreibung dunkler Seelenzustände. Der direkte Vorgänger "Alba" war als Soundtrack zum gleichnamigen Film konzipiert. Bandkopf Emmanuel Jessua produzierte diesen. Die Besonderheit im Vergleich zum Post Metal im Film Noir des Highlights "Shores Of The Abstract Line" bestand im komplett akustischen Klang-Gewand, das mehr denn je zuvor die südamerikanischen Wurzeln des Sängers/Gitarristen fokussierte. Diese spielen auch auf "A Distant (Dark) Source" eine Rolle, jedoch auf konzeptueller Ebene.
Mit der Story bewegen sich die Franzosen im Stile des Filmes "Memento" rückwärts und präsentieren bereits die Auflösung der Geschichte, deren Prequel noch im nächsten Jahr erscheint. Deswegen trägt der Closer "Tauca" auch bereits den Zusatz "II" im Titel. Der schwarzmetallische Ausklang fällt besonders eindringlich in seinem Zwiespalt zwischen Atmosphäre und Apokalypse aus. Die Reise zu den Wurzeln Jessuas am Fluss Tauca in Bolivien und die Beschwörung der Geister der Vergangenheit bietet einen perfekten Närboden für die musikalische Ausgestaltung.
Der Ursprung des Bösen liegt im Mangel und dem Drang, sich alles einzuverleiben. Das moderne Musiktheater verbindet Spoken Word-Sequenzen in französischer Sprache, Meshuggah, Gojira, Between The Buried And Me, Ambient und Sounddesign im Stile Steven Wilsons zu "Deadwing"- oder "Grace For Drowning"-Zeiten, Folk und Filmmusik mit fließenden Übergängen und synthetisiert die einzelnen Ausdrucksformen.
Struktur gewinnen die Longtracks durch die Unterteilung in einzelne Parts. "On Our Bed Of Soil" startet über den ersten Teil als langgezogenes Crescendo, dass mit Beginn des zweiten Teils in einem straighten, Moshpit-kompatiblen Riff explodiert. Part 2 des Titeltracks beginnt mit einem Folk-Teil, der dann gepaart mit tiefergelegten Brachial-Einwürfen in einem Tech-Death-Inferno kulminiert.
Der Opener "On A Dry Lake" besitzt strukturell Ähnlichkeiten mit dem Eröffnungsstück des Vorgängers "In Our Deaf Lands". Musikalisch gestaltet die Band jeden Refrain nach dem Motto man steigt nie in denselben Fluss.
Aus der Sicht eines Sechs-Saiters ist die Platte eine wahre Fundgrube: Dispergierte Gitarrenpassagen, charakterisiert durch den steten Wechsel aus tiefergestimmten Härtner-Riffs und Lick-artigen Einwürfen auf den hohen Saiten nehmen Welträume in Beschlag. Hier schießen schroffe, kantige Riff-Monolithen in die Höhe, dort regiert das dumpf-sumpfig indifferente Sludge-Gewitter. Wenn dann noch zarte folkige Voicings und wüstes Black Metal-Geshredder Hand in Hand gehen, lacht das proggige Herz.
2 Kommentare
Shores of the Abstract Line und die erste Single fand ich extrem geil... Kommt auf die Liste, scheint ja dann in eine ähnliche Richtung zu gehen.
Tag 3 und ich kann immer noch nicht glaube, wie geflasht ich von dem Album bin. Kein Plan wo ein Song anfängt oder aufhört. Egal. Gojira wie früher nur geiler.