laut.de-Kritik
Vom Hip Hop zu Conscious-Reggae, Dancehall und zurück.
Review von Dani FrommK-Salaams Mission erscheint in Zeiten, in denen ganze Wahlkämpfe unter dem Banner "Change" bestritten werden, überaus angebracht: "Dieses Album wurde geschaffen, um der Bevölkerung weltweit Inspiration für den Wandel zu liefern. Seine Botschaft lautet Revolution." Einigermaßen revolutionär gestaltet sich auch die Entstehungsgeschichte von "Whose World Is This?": Die Eier, seine favorisierten Künstler einfach anzuschreiben, ob sie sich nicht beteiligen wollen, muss man erst einmal haben.
Frechheit siegt: Nahezu alle angefragten Interpreten kamen der Aufforderung nach. Die Qualität der Beats, die die beiden aus Minnesota stammenden Produzenten K-Salaam und Beatnick für das Projekt aufgefahren haben, überzeugte Hip Hop-MCs, Reggae-Sänger und Spoken Word-Poeten gleichermaßen - wobei "Beats" eine recht farblose Bezeichnung für die abwechslungsreichen, üppig ausstaffierten und geschickt arrangierten Instrumentals darstellt.
Unter der virtuosen Regie des produzierenden Duos gehen satte Bässe, Synthies, Vocoder-Effekte, Cuts und Scratches, Geräusche und Stimmsamples Bündnisse ein, ohne ins Überfrachtet-Unübersichtliche abzurutschen. Jeder der zahlreichen Mitwirkenden scheint die passende Umrahmung speziell auf die Eigenheiten seiner Vocals zugeschnitten, quasi auf den Leib geschneidert zu bekommen.
So flowt Talib Kweli in "Feel" durch eine detailreiche, glöckchendurchwehte Kulisse. Für Sizzla, Singjay mit den tausend Stimmen, sorgen in "Sail On" neben dem dicken Bass Akustikgitarre und beinahe schon kitschige Chimes-Kaskaden für ordentlich Wind in den Segeln. Kardinal Offishall und Solitair verleihen "As We Continue" mit ihren Raps der melodischen Kombination aus Streichern, gepitchten Chören und Vogelgezwitscher Bodenhaftung: Ihr Streben nach einer besseren Zukunft vollzieht sich mit scharfem Auge auf der Realität.
"If love conquers all, what are we fighting for?" bringt Luciano mit seiner warmen Singstimme die Absurdität des Phänomens Krieg auf den Punkt. Capleton versprüht seinen energiegeladenen Gesang über die Zwerchfell erschütternde Basslinie von "Never Let Us Down". Anthony B. bläst mit der Forderung nach Gerechtigkeit und gleichem Recht für alle zur "Revolution".
Auch die Rap-Fraktion hinterlässt Eindruck: Black Ice' jagenden, mit ungewöhnlicher Rhythmik vorgetragenen Zeilen sorgen zwischen breit angelegten Synthieflächen für Gänsehaut. Er beantwortet die Titel-Frage, wie es Nas im Grunde bereits 1994 vorweg nahm: "The World Is Ours". Mit ihrem Nachruf gedenken die Dead Prez der "Fallen Soldierz": Eine knautschige E-Gitarre verströmt hier erfreulich unaufdringlich die angebrachte Melancholie.
Diese durchdringt darüber hinaus, was die Outlawz in "The Truth" unter dem Etikett "ghetto gospel shit" abliefern: Ein wenig zu aufdringlich setzt sich für meinen Geschmack hier wie an zwei, drei anderen Stellen der R'n'B-lastige Backgroundgesang in Szene. Ich wäre prima ohne Vokalvergewaltigung ausgekommen. So lange das aber der einzige Abstrich bleibt: durchaus auszuhalten.
Buju Banton und Trey Songz bekommen für ihre Suche nach dem Sinn des Lebens in "Street Life" eine absurd durch den Wolf gedrehte Version von "Roxanne", im Original einst von The Police, vorgesetzt. Die Lust am Zitieren manifestiert sich auch in "Babylon (Must Be Mad)", in dem einmal mehr Sizzla und G-Unit-Soldier Young Buck die enge Verwandtschaft zwischen Hip Hop und Dancehall unter Beweis stellen.
Mühelos vollzieht "Whose World Is This?" den Genre-Wechsel vom Hip Hop zu Conscious-Reggae, Dancehall und zurück gleich mehrfach. Von Planlosigkeit kann dabei keine Rede sein: Das Album wirkt trotz ständig wechselnder Stimmen und Stimmungen faszinierend aus einem Guss. Gesang, Raps, Shout-Outs, Toasting, Turntablism und Musik gehen eine unverbrüchliche Allianz ein, die die umfangreiche, zahlreiche Interviews umfassende Dokumentation auf der DVD-Beilage noch abrundet.
Den berührenden Schlusspunkt setzt die palästinensisch-amerikanische Dichterin Suheir Hammad. Sie kennt das Leid der "Refugees" genau und ist nicht bereit, die Augen davor zu verschließen: Mit dem unmissverständlichen Statement "I will not look away" legt sie erbarmungslos Finger in weltweit schwärende Wunden. This revolution WILL be televised.
5 Kommentare
ganz nett das teil, der track mit black ice is hörenswert,interessante art zu rappen hat der mann
absolut.
das war auch mein favorit.
ja des war einfach der track der mich bei ersten hören wirklich geflasht hat und den ich dann gleich nochmal abgespielt hab...noch nie vorher so eine technik zu gehör bekommen...
das machts aber nicht gleich gut
das album hat mich positiv überrascht, rundes teil, werd ich mir öfter zu gemüte führen
schon lange her dass dead prez einen sauberen track abgeliefert haben...
fettes album!
heftige beats, heftige künstler.