laut.de-Kritik
Fragile Trauer mit brachialen Prog-Death-Riffs.
Review von Alex KlugAkustikplatte, Live-Mitschnitt vom Kirchenkonzert, B-Seiten-Compilation zum Record Store Day. Man muss ja am Ball bleiben. Im Anschluss an das euphorisch aufgenommene "Dead End Kings" aus dem Jahre 2012 machten die Katatonia-Chefs Anders Nyström und Jonas Renkse allerdings nicht nur mit der hauseigenen Veröffentlichungswut, sondern zugleich mit dem Release des vierten Bloodbath-Albums "Grand Morbid Funeral" auf sich aufmerksam. Unvermeidlich scheint also der Einfluss der vielfältigen Zwischenaktivitäten auf das anstehende Album des Mutterschiffs. Wie natürlich Katatonia auf "The Fall Of Hearts" allerdings Akustikmomente und Todesgeschredder mit gewohnt traurigem Prog Metal verweben, überrascht dann doch auch den größten Diskografie-Kenner.
Der Unantastbarkeit von Renkses honigweichem Gesang zum Trotz nähern sich Katatonia auf "The Fall Of Hearts" mehr und mehr dem Schaffen ihres Ex-Kollegens Mikael Åkerfeldt an. Deutliche Opeth-Einflüsse sind zunehmend unüberhörbar. Diese zeigen sich einerseits in vertrackten Hypno-Momenten, wie denen des zunächst so zahmen "Residual", andererseits auch in Stücken wie "Sanction" und "Serac", die mit lupenreinen, bisher nur vereinzelt genutzten Prog-Death-Riffs überraschen. Die wesentlich brachialere Polyrhythmik geht allerdings zum Großteil aufs Konto von Drummer Daniel Moilanen, der als Neuzugang bereits alle Trümpfe ausspielt.
Dabei beruft sich die seit Langem erstmals wirklich innovative Truppe keinesfalls nur auf grooviges (weil dem Zeitgeist entsprechendes) Gedjente. Der eigentliche kreative Befreiungsschlag deutet sich nämlich bereits im Opener "Takeover" an. Schon nach einer Minute mischen Katatonia der progressiven Depriballade sanfte Percussionklänge bei, die exemplarisch für den weiteren Albumverlauf stehen. Dabei macht sich die Bongotrommel nicht nur in rein akustischen Songs wie "Decima" und "Pale Flag" breit, sondern lugt auch immer mal wieder zwischen druckvoller Riffaction hindurch – eine Kombination, die dann irgendwie als Reminiszenz an Opeth' "Ghost Reveries" durchgehen muss.
Seine finalen Dynamik-Tupfer erhält das Klangbildnis schließlich durch den vorsichtigen Ausbau zarter Klavierstrukturen ("Shifts", "Last Song Before The Fade") sowie den wunderbar erdigen Klang eines Fender Rhodes. Prominent vertreten beispielsweise im Vorabsong "Old Heart Falls", der nicht zuletzt dank behutsamen Mellotron-Einsatz zum Hit des Albums avanciert. So weit von so etwas denn überhaupt die Rede sein kann.
Zugegeben: Im Vergleich zu den hymnenreichen Vorgängern fördert "The Fall Of Hearts" kein neues "My Twin" oder "The Parting" zu Tage. Doch die ausbleibenden Hitstrukturen stehen am Ende als einziger Wermutstropfen einer sonst so starken Scheibe. Katatonia mögen sich nicht länger auf die Suche nach catchy Hooklines machen – musikalisch greifen sie aber längst nach den Sternen.
5 Kommentare mit einer Antwort
Ah ich hab bock auf so ne Platte, ich hoffe die bringt auch genau das was ich mir verspreche =)
Erstes hören im Stream klingt sehr vielversprechend, zumindest für Leute die auch mit der letzten Entwicklung beispielsweise Opeths was anfangen können.
Das ist kein Metal, trifft aber ähnlich wie Opeth's Damnation oder Pale Communion voll meinen Geschmack.
Die letzte war leider nicht so klasse, aber ein gutes Album traue ich ihnen immer wieder zu. Werd's nachher mal hören.
Nicht schlecht. Die ersten 4-5 Songs sind toll, danach verlieren sie sich typisch in Langatmigkeit, bevor die letzte Hälfte wieder etwas mehr zuschlägt. Die Prog-Metal-Riffs und Opeth-Referenzen gibt es auch, dominieren aber nicht unbedingt das Album. Braucht auf jeden Fall noch ein paar mehr Durchgänge, aber der Ersteindruck taugt auf jeden Fall.
Keine Überraschung dass Katatonia wieder überragend liefern. Eine modere Prog Platte mit wenig Experiment aber dafür mit wunderbaren Momenten ist es geworden. Für mich gibs keine schwache Phase und die Zeit vergeht wie Nix. Knackig abgemixt mit klaren Sound macht es Spaß öfters zu läuschen. Für mich volle Punkte
unfassbar gut. katatonia werden tatsächlich ein bisschen mehr proggy und es steht ihnen gut! sie schaffen es, dass ich in melancholie bade, ohne dass sich meine gehirnzellen in der traurigen suppe auflösen, denn sie bauen ihre songs auf basis der melancholischen grundstimmung zwar auf, ja. auf dieser grundlage wird über diese hinaus allerdings musikalisch höchst abwechslungsreiche und trotzdem stringente musik fabriziert, die emotional über wut ("passer") bis hin zu hoffnung und leidenschaft ("last song before the fade"), teilweise gar akzeptanz ("residual", "shifts"), einiges mehr an emotionen abdeckt als der bandname vermuten lässt (die meisten song sind zu vielschichtig für ein eindeutiges zuordnen). und jonas renkse's stimme lenkt, hält zusammen und setzt emotional entscheidende akzente, wie gehabt.
würde mir sogar wünschen, auch auf die 2 alben zuvor bezogen, dass sie mal ein motiv in seinem musikalischen und emotionalen potential richtig auskosten, längere und komplexere soli spielen, ein riff mal fast ausreizen, sich mal ein bisschen mehr groove trauen, ein bisschen länger das piano spielen lassen. dass sie also in zusammensetzung all dessen gar noch mehr auf progressive rock/metal machen. und jonas' stimme würde kitten und akzente setzen, wo notwendig.
wie dem auch sei - "the fall of hearts" scheint in meinen gehörgängen zu einem ganz großen album zu avancieren. unfassbar, dass katatonia mich seit ihrem kennenlernen vor mehr als 10 jahren noch nie enttäuscht haben.