laut.de-Kritik
Kopfnicker der Welt - schaut auf dieses Label!
Review von Dani Fromm"Es ist unglaublich, dass so viel Talent in einem einzigen Motherfucker steckt" - sagt Tech N9ne, und der muss es wissen. Seit Jahren ist Krizz Kaliko als sein Sidekick unterwegs. Höchste Zeit also - auch, wenn es sich dort gut leben lässt - aus dem langen Schatten heraus zu treten.
Sollte das mit "Genius" nicht gelingen, stimmt einfach gar nichts mehr. Es würde allerdings zu der Tatsache passen, dass sich diesseits des großen Teichs schlicht kein Aas einen angemessenen Begriff davon macht, was einige Herrschaften in Kansas ausbrüten.
Kopfnicker der Welt - schaut auf dieses Label! Die Strange Music Box birgt Perlen erlesenster Hip Hop-Unterhaltung, ich schwöre. Wer mit Rap weniger anzufangen weiß, sollte Krizz Kaliko trotzdem eine Chance geben. Tech N9ne hat nämlich völlig Recht: Einen vielseitigeren Scheißkerl am Mikrofon muss man lange suchen.
"One night, '74 was the year, mommy and daddy have created a monster." Ein Ungeheuer, das den Ehrentitel "MC" zur Abwechslung einmal ungeheuer verdient hat. Zeremonienmeister Kaliko beherrscht virtuos eine breite Palette der Ausdrucksmöglichkeiten.
Von stimmungsvoll eingesprochenen Zeilen über präzise flowende Rap-Parts, Vintage-Soul-Gesang, astreine R'n'B-Einlagen hin zur kratzig-rauen Rockröhre und mit entfesseltem Gebrüll zurück: Im Grunde bekommt man es in Krizz Kaliko mit einem (reichlich) Fleisch gewordenen kompletten Hörspiel zu tun.
"I've been different all my life." Erlittene Qualen zahlen sich jetzt aus. Die bewegte Geschichte dieses Mannes liefert bizarren Stoff genug für mehrere Künstlerkarrieren - Krizz Kaliko hat also obendrein auch noch etwas zu erzählen, bleibt inhaltlich so unberechenbar wie musikalisch.
So berichtet er plastisch über ausufernde Schlafzimmer-Späße und derbe Haudraufpartys, seziert andererseits aber so furcht- wie schonungslos die eigene Befindlichkeiten. Die Pigmentstörung, unter der er von klein auf litt, stand Pate für Krizz Kalikos erstes Album "Vitiligo". Diesmal ist in "Bipolar" seine Persönlichkeitsstörung Thema - und auch das klaustrophobische Stalking-Szenario in "Love You 2 Death" kann nur derart beklemmend schildern, wer ein Teil dieser Hölle war.
Es lohnt sich, Krizz Kaliko auf seinem Weg vom "Choir Boy" hin zum "Genius" zu begleiten, zumal die musikalische Ausgestaltung Crossover-Potenzial in alle erdenklichen Richtungen bietet. Erstaunlich genug, dass bei schrankenloser Wilderei in diversesten Revieren die Stringenz nicht auf der Strecke bleibt.
"Es wäre nicht fair, es Hip Hop zu nennen", urteilte Radio-DJ Sean Tyler, dessen Namen ich zwar noch nie gehört habe, dessen Meinung ich mich aber umfassend anschließen möchte. " Es ist herausragende Musik. Es ist Rap, es ist R'n'B, es ist Reggae, es ist Rock'n'Roll."
Außerdem steckt ein Hauch von Bossa in In- und Outro, Gospel trifft den Dirty South. "Back Pack" und die derben E-Gitarren in "The Chemical" bedienen sich im Rock, "Hum Drum" in Dancehall und Dub. "Missunderstood" groovt in einer Weise organisch-funky, als habe man einen Abstecher ins Daptone Studio unternommen.
Womit vergleicht man eine Chimäre aus Tupac und Curtis Mayfield, die mindestens einen Ying Yang Twin zum Frühstück gefressen hat? Eine weniger berückende Kreatur hätte Tech N9ne jedenfalls nie dazu verleitet, plötzlich den John Legend raushängen zu lassen. Glaubt Ihr nicht? Ach, "Get Off"!
15 Kommentare
Bei solch einer realitätsfernen Rezension muss ich schmerzhaft subjektiv werden:
Erschreckend, dass mittlerweile selbst Medienjournalisten den Kaugummirap auf Kirmesbeats hypen. Mein höchstpersönlicher Verdacht: Hirnerweichung anhand jahrelanger Qualitätsflaute.
Ich wünschte mir galantere Worte es auszudrücken, doch man muss in letzter Konsequenz das Kind beim Namen nennen: Das vorliegende Material ist sicher nicht genial, Kopie der Kopie der Hochglanzclubrhythms ohne Soul, welche seit Jahren sämtliche kulturbeflissenen Rapfans langweilen und bloß Banausen bedienen.
Insofern kann ich mich jedoch dem Rezensenten anschließen, der sich jemandem anschließt: "Es wäre nicht fair, es Hip Hop zu nennen". Stimmt, unfair für Hip-Hop. Unfair für alle, die mit Hip-Hop mehr verbinden, als Soundtrack für besoffenes Feiern und Ficken im fliederfarbenen Filafummel.
Darüber hinaus kann ich über die inflationäre Verabreichung der Genialitätsweihe nur den Kopf schütteln, bis er abfällt.
Verdammt gute Sache das laut.de jetzt die intressanten Künstler begutachtet ^^
Ich muss sagen das ich von Krizz Kaliko bislang noch nicht so überzeugt war , vor allem sein letzes Album fand ich eher mässig. Werde mir jetzt aber das neue mal anhören.
der ist scheiße
Tss, gab doch wieder zu Genüge gute Releases.
Puhh..da fällt mir ne ganze Menge ein:
Atmosphere - When Life Gives You Lemons, You Paint That Shit Gold
J.R. & PH7 - The Standard
Fashawn - Boy Meets World
Blu & Exile - Below the Heavens
Access Immortal - Shades of Reality
Incise - Nobody's Story
Kev Brown - I Do What I Do
Talib Kweli - Eardrum
Nieve & Cook - Away With Words
Pace Won & Mr. Green - The Only Color Matters Is Green
Q-Tip - The Renaissance
The Roots - Game Theory
The Roots - Rising Down
Reks - Grey Hairs
Shad - The Old Prince
Surreal - Pardon My Dust
The Upstarts - The Know How
Vordul Mega - Megagraffiti
Das waren so einige meiner Lieblingsplatten aus den letzten 5 Jahren, ich hab aber eh ne Menge vergessen..es gibt so viele geile Releases, man kommt meistens nich mal hinterher alle zu hören.
Persönliche Tipps aus dem letzten Jahr wären von meiner Seite deren 2:
X.O. - The Realmatic
Diz Gibran & Moonshine - Soon you'll understand.