laut.de-Kritik

Sinnlicher Post-Metal: mehr Magie als Philosophie.

Review von

Die hochgradig talentiere Komponistin/Vokalistin/Bassistin Bezaelith alias Liz Gladding gebiert mit ihrer Band Lotus Thief zwei Jahre nach dem furiosen Debüt "Rervm" einen erneuten Knaller im Post-Metal-Genre. "Gramarye" bedeutet Grimoire und macht seinem Namen alle Ehre: Epische Soundscapes und mehr Magie als Philosophie sorgen für höchste Sinnlichkeit frei nach dem lateinischen Grundsatz Sapere Aude.

Crowley, Baby, Crowley! "The Book Of Lies" steht als pechschwarz pochendes Herz im Zentrum von Platte und Konzept. Das 'Great Beast' schuf hiermit 1912 ein ebenso krudes, wie künstlerisch in sich geschlossenes Meisterwerk. Der Cocktail bestehend aus Thelema, Kabbala, Poesie und allerhand Unerhörtem machte Crowley nicht nur zum Vordenker des Ordo Templi Orientis. Es inspirierte auch Fields Of The Nephilims Carl McCoy zu seinem Meisterwerk "Elizium".

Lotus Thief nähern sich dem Mammutwerk indes anders an. Bezaelith errichtet mit ihrer Stimme einen Altar der Dunkelheit. Sie hantiert mit sakraler Grundstimmung, aus der sie jeden einzelnen Tropfen Christlichkeit presst, bis diese in Trümmern liegt. Übrig bleibt nach neun Minuten voll doomender Riffs ein Tempel, der - analog zu Crowley - ebenso neues Denken, tiefe Erkenntnis oder umnachtete Verdammnis nach sich ziehen kann. Die künstlerische Inszenierung gelingt meisterhaft.

Thematisch ist jeder Song auf "Gramarye" ein solcher Brecher. Die Bandbreite der Lotusdiebe reicht vom altägyptischen Totenbuch über Homers "Odyssee" bis hin zu den urdeutschen "Merseburger Zaubersprüchen". Dabei erweisen sie jedem einzelnen Werk den höchstmöglichen Respekt, ohne ihre musikalische Eigenständigkeit aufzugeben.

Metal, Ambient, ein leichter Hauch Gothic und ein paar spacy Passagen mäandern filigran ineinander. Wo das eine endet und das andere beginnt, nimmt man kaum wahr. Schon nach weigen Minuten steht man unter LTs hypnotischem Bann. Es fehlen nur noch "De Vermis Mysteriis" und das "Necronomicon" zum totalen Okkultistenglück.

Der Wechsel zu Prophecy Productions sowie das Aufstocken vom Duo zum Quartett macht sich für diese ungewöhnlich schattigen Kalifornier hörbar bezahlt. Auch die Produktion klingt voller und transparenter als zu Beginn ihrer originellen Karriere. Jedes der fünf Stücke taugt zum Anspieltipp.

Meine bisherigen Lieblingsmomente sind gleichwohl das vielschichtige "Circe" mit seinen virtuosen Details und das beschwörend drängende "Idisi". In Letzterem fächert sich die schicke Breitwandgitarre im weiteren Verlauf wie verschütteter Rotwein auf nächtlichem Tischtuch aus. Am Ende wird alles von ihren sechs Saiten verschlungen. Könnt ihr "Hallelucifer" sagen?

Trackliste

  1. 1. The Book of The Dead
  2. 2. Circe
  3. 3. The Book Of Lies
  4. 4. Salem
  5. 5. Idisi

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3 Kommentare mit 21 Antworten

  • Vor 8 Jahren

    Danke, Herr Kubanke. Übrigens - zu der von dir heiß empfohlenen Kollabo von Steve Reich und Greenwood konnte ich bisher leider höchstens einen Live-Song auftreiben, hast du da vielleicht nen Link?

  • Vor 8 Jahren

    Rezi kommt ziemlich ungelegen, schließlich reibt sich die Zielgruppe bereits die Hände und schenkt diese Woche alle Augen und Ohren der neuen Soloplatte von Emma Ruth Rundle.

    Talkin' bout Post-Rock/Metal (was mir in der Rezi eh mehr wie ein Lockmittel für die üblichen Verdächtigen vorkommt): nuff said.

    • Vor 8 Jahren

      Props und Danke für den Tipp gehen an der Stelle raus an jenzo, sollte klar sein.

    • Vor 8 Jahren

      Mit Emma Ruth Rundle stößt du ja was an. Warte auch schon sehnsüchtig auf das Album.

    • Vor 8 Jahren

      Heute in Berlin. Emma als Support für Wovenhand. ... verwöhnte Hauptstädter :(

    • Vor 8 Jahren

      Oh. Dabei war ich gestern erst bei SubRosa/Sinistro. Aber Wovenhand habe ich wenigstens schon gesehen.

    • Vor 8 Jahren

      Bin gleich bei Rome ;)

    • Vor 8 Jahren

      Sehr gut. Viel Spaß.

    • Vor 8 Jahren

      War noch jemand gestern bei Woven Hand / Emma Ruth Rundle im Heimathafen Neukölln?

      Zweitschlechtester Sound in meinem Konzertgängerleben. Da hat der Herr Tontechniker den Hallregler mal auf 100 hochgezogen. Die Tickets hätt ich och rauchen können, wär aufs Selbe rausgelaufen. Todesärgerlich. Was für eine verwaschene Soundscheisse!

    • Vor 8 Jahren

      Hab schon überlegt, spontan hinzugehen. Hab Wovenhand auch sehr gut in Erinnerung, aber das mit dem Sound hatte ich leider auch bei SubRosa, obwohl es da nicht so extrem war. Aber die Violinen gingen im Loudnessmatsch zu sehr unter. Fand ich sehr schade.

    • Vor 8 Jahren

      Wovenhand in Leipzig war ebenfalls eher sumpfig

    • Vor 8 Jahren

      Moritzbastei wieder?

    • Vor 8 Jahren

      Das, was man an Musik unter dem Brei erahnen konnte, hat mir ja durchaus gefallen. Und beide Acts arbeiten ja auch mit Hall.
      Aber das kann kaum auf deren Mist gewachsen sein, hoffe ich doch.
      Fühlte mich nur ein bisschen dämlich, weil ich + Freundin offensichtlich die Einzigen waren, die das so absolut nicht erträglich fanden...

    • Vor 8 Jahren

      Vielleicht sind die Ohren ja jetzt mit Ende 30 och ma hin, überprüfe ich nächste Woche bei Rome. :)
      Andere Location, selbe Ohren, Fehlerquellen ausschliessen.

    • Vor 8 Jahren

      Sound beim Rome-Konzert in der Matrix Bochum war ok. Manche Songs waren aber von der Instrumentierung ziemlich überfrachtet. Jeromes (auch live) fantastisch samtige Stimme muss in den Vordergrund, finde ich. Man kann es natürlich auch gut finden, dass die Songs live zum Teil ganz anders arrangiert sind.

      Für mich ist Rome wohl eher ne Studio-Band. Was nicht heißt, dass das Konzert schlecht war.

    • Vor 8 Jahren

      Selben Eindruck hatte ich von SubRosa, aber Sinistro waren live so viel besser als auf Album. Viel klarer, leidenschaftlicher und mit schönen Videoprojektionen im Hintergrund. Bestelle aber mal Karten für Warpaint Anfang November. Rome würde mich aber auch interessieren.

  • Vor 8 Jahren

    Lohnt das hier? Kurze Höreindrücke machen mich nicht wirklich neugierig...

    Emma ist Liebe!
    Meine Scheidung ist bald durch, dann ist endlich der Weg frei für uns. :ill:
    Eine Woche dauert's doch noch, oder?! Platte ist aber vorbestellt, auch wenn ich das vierte Mal dieses Jahr zum Zoll fahren werde...

    Bitte, soulburn...
    Schön, dass es noch gefunkt hat!

    • Vor 8 Jahren

      Wo hast du denn bestellt? Direkt bei Sargent House? Dann ist sie evtl. wohl noch nicht gleich am Freitag bei Dir... Geht's bei Bandcamp nicht auch digital, bzw. Du kriegst es auch digital zur VÖ, so wie bei Amazon? Hab da - anders als bei Warpaint -leider noch gar keine Initiative ergriffen und drauf gesetzt, dass sie Freitag zumindest erst mal digital für mich verfügbar sein wird.

    • Vor 8 Jahren

      ...und die ersten Male im letzten Jahr, als du sie erwähnt hast... Das war halt "too soon" für mich.

      Klar heißen viele den darstellenden Künsten zugetane (und musizierende...) englischsprachige Frauen Emma, auch viele, die älter sind als z.B. Emma Watson, die dem Namen ja z.B. auch in Deutschland wieder einen enormen Popularitätsschub beschert hat - trotzdem werde ich wohl bis ans Lebensende beim hören/lesen dieses Namens zuerst an "meine" Emma denken. Das tat letztes Jahr einfach noch zu weh und auch jetzt sticht es immer noch kurz bei jedem Mal, wenn ich z.B. "Some Heavy Ocean" aus meiner "Still on Heavy Rotation"-Plattenkiste fische...

    • Vor 8 Jahren

      Ach, und sorry wegen Dreifachpost (sollte einem JEDE Frau mit Namen Emma wert sein :D ) - aber wenn ich sage "Die Platte kommta am Freitag" dann meine ich damit "in ca. 9 Minuten" :ill:

    • Vor 8 Jahren

      "kurze höreindrücke" sind bei dieser band auch nicht unbedingt der zielführendste weg zum gesamteindruck. weder bei "rervm", noch hier.

      allerdings glaube ich auch nicht, dass die platte, die crowley-referenzen oder die auseinandersetzung mit den "merseburger sprüchen" euer ding ist. ist wohl eher die dunkelheimer-baustelle nebenan, als die eigene.

      grundsätzlich jedoch kann ich euch und jedem die prophecy-productions-sachen nur empfehlen. das label hat einen extrem hohen qualitätsstadard im erweiterten metalbereich.

    • Vor 8 Jahren

      Joah, soulburn. Direkt bei Sargen House geordert, aufgrund der clear vinyl-Variante. Die musste es einfach sein.
      Allerdings bin ich in der Warteschleife, was Emma, aber auch Warpaint betrifft.
      Ich gedulde mich noch etwas...
      Ich wünsche Dir, dass Du "Some Heavy Ocean" irgendwann mit einem intensiven, aber weniger traurigem Gefühl hören kannst.
      @Anwalt: ich bin Profi, in dem Genre reichen mir kurze Höreindrücke eigentlich. :D
      Fixt mich bislang aber nicht an.
      Das haben Cult Of Luna und Julie Christmas dieses Mal einfach viel besser geschafft.
      Sind die Drums auf dem Album vom Band oder live?