laut.de-Kritik
Immer noch eine Klasse für sich.
Review von Toni HennigNach dem Ausstieg von Tomas Järmyr 2023 bleibt der Schlagzeugposten bei Motorpsycho eine große Baustelle. Nicht das erste Mal in ihrer Karierre schrumpft die Band zum Duo. So entstand das selbstbetitelte Album, das es hierzulande nun endlich auf Vinyl gibt, mit gleich drei verschiedenen Drummern, was man aber nicht unbedingt heraushört. Auch weitere Gäste wie Reine Fiske an der E-Gitarre haben die Norweger gewinnen können.
Die zeigen sich im anfänglichen "Lucifer, Bringer Of Light" mit krautrockigen Rhythmen, einem sehr langen Gitarrensolo, spacigen Einschüben am Keyboard und dem vertrauten Gesang Bent Sæthers von ihrer jammigen Seite. Mit "Laird Of Heimly" dringen sie in akustisch getriebene Psychedelic-Sphären vor. "Stanley (Tonight's The Night)" rumpelt so indierockig nach vorne, wie kaum ein Motorpsycho-Track seit Langem und lässt eingängige Momente nicht vermissen. Mehr in 70s-Hardrock-Gefilden wildert "The Comeback". In "Kip Satie" zollen Hans Magnus Ryan und Bent Sæther mit Mellotron- und impressionistischen Pianoklängen Erik Satie ihre Anerkennung.
"Balthazaar" beginnt mit einem gewöhnungsbedürftigen Keyboardintro, entwickelt sich aber schnell zu einem treibenden Space-Rock-Stück in bester "Heavy Metal Fruit"-Manier, gekrönt von einem wilden Fuzz-Solo gegen Ende. Freakfolkige Töne schlagen die Norweger in "Bed Of Roses" an, das zum Glück den gleichnamigen Bon Jovi-Titel nur im Namen trägt.
"Neotzar (The Second Coming)" überrascht am Anfang mit weiblichem, dunklem Gesang, den Thea Grant beisteuert, verwandelt sich aber danach in ein Prog-Rock-Ungetüm von zweistelliger Minutenlänge, das von rockigen Klängen über ruhige, gefühlvolle Passagen bis hin zu sperrigen Experimenten mehrmals seine Gestalt wechselt und in einem opulenten Finale mündet. Es wäre sinnvoll gewesen, den Song in mehrere einzelne Parts aufzugliedern, um das Ergebnis etwas verdaulicher zu machen. Als interessant erweist sich dieser Prog-Exkurs aber allemal. An die Intensität früherer Motorpsycho-Longtracks wie "The Wheel" oder "Through The Veil" reicht die Nummer jedoch nicht ganz ran.
Dafür bekommt man mit "Core Memory Corrupt" luftiges und melodisches Kontrastprogramm, inklusive "Uh-uh"-Gesängen, geboten, so dass der Song auf Mittneunziger-Platten wie "Timothy's Monster" oder "Trust Us" nicht fehl am Platze gewesen wäre. Etwas kopflastiger gestaltet sich "Three Frightened Monkeys" mit seinen jazzigen Keyboardeinschüben und schrägen Soli. "Dead Of Winter" fungiert als warmer, versöhnlicher Indie Rock-Rausschmeißer.
Im Grunde wirkt das Album wie eine Best Of Motorpsycho mit neuen Tracks, die durch ziemlich alle Schaffensphasen der Formation führt. Dabei klingen die Norweger so befreit, wie seit Langem nicht mehr, was so manch schwächere Platte davor vergessen lässt. Nach über fünfunddreißig Jahren Karriere bleibt die Band immer noch eine Klasse für sich.
1 Kommentar mit 2 Antworten
Ödes Mucker Gewichse.
Vier Beiträge und nur Gejammere darüber, wie öde doch alle ist. Gratulation!
Nö!