laut.de-Kritik

Utopische Version des amerikanischen Traums voller Zuversicht und Spielfreude.

Review von

Myles Kennedy bringt sein zweites Soloalbum innerhalb von drei Jahren heraus. Auf "The Ides Of March" beschreitet der Frontmann von Alter Bridge und Slash And The Conspirators viele musikalische Pfade abseits von Metal und Hardrock. Es dominieren Genres wie Singer/Songwriter, Blues und Country, mal kurz und bündig wie in "A Thousand Words" und ausufernd wie im epischen Titelstück.

Die Introspektion des Debüts "Year Of The Tiger" ist weiterhin tonangebend. Entgegen der krachigen Töne bei seinen Hardrock-Kollegen greift Kennedy auf seine musikalischen Wurzeln zurück, wie er sie auch schon zu Zeiten von Citizen Swing oder Mayfield Four kultivierte. Im Gegensatz zum Debüt fällt das textliche Konzept anders aus. Der frühe Tod seines Vaters mündete in musikalischen Gemälden in düsteren Tönen. Nun stehen aus dem Leben gegriffene Themen im Vordergrund. Entspechend zupackender und direkter gelingt das Werk bestehend aus elf Stücken.

"Get Along" etwa spielt auf die Unruhen in LA 1992 an. Angesichts der Black Lives Matter-Bewegung nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd im vergangenen Jahr gewinnt dieser retrospektive Blick erschreckende Aktualität. Zudem bezieht sich Kennedy im Albumtitel auf die Zeit des römischen Alleinherrschers Caesar und dessen unrühmliches Ende im Zuge eines Staatsstreichs.

Musikalisch versteht der 51-jährige Amerikaner sein Handwerk. In der ersten Albumhälfte präsentiert er die zupackenden und direkten Songs wie den bereits erwähnten Opener "Get Along" oder das mit einer Slide-Gitarre angereicherte "In Slide". "Wake Me When Its Over" oder das reichlich "Rocking All Over The World"-Vibes verbreitende "Tell It Like It Is" sind wahre Freudenfeuer mit etlichen melodischen Widerhaken versehen.

Einzig der Titeltrack fällt da aus dem Rahmen. Diesem Songmonster merkt man die lange Entstehung von einem halben Jahr an. Nach einem Gitarrenpicking, dem Einstieg zu "Stairway To Heaven" nicht unähnlich, lebt die Strophe von einem fluffigen Latin-Rhythmus. Jazz-Harmonien bringen die nötige Spannung in das akkordische Gepräge ein. Das Ende gelingt episch und berauschend, gekrönt von einem fulminanten Solo, das beweist, dass in diesem Mann neben einer großen Stimme, auch noch ein kleiner Gitarrenheld steckt.

In der zweiten Hälfte geht Kennedy ein wenig vom Gas und setzt auf den Faktor Abwechslung. "Wanderlust Begins" spendiert ein Country-Feeling und auch wenn der Gesang aus der gleichen Kehle stammt, gäben die Melodien Johnny und June Carter Cash-gleich ein prima Duett ab. "Moonshot" ist eine erbauliche Hymne, in der der hoffnungsvolle Refrain die Antwort auf die nachdenkliche Strophe darstellt. "Worried Mind" als Abschluss steckt knietief in den Sümpfen Mississippis. Der Blues-basierte Track mäandert als Jam vor sich hin und fesselt mit einem starken Solo.

Americana ist beileibe kein Zauberwort. Gut abgehangenen Künstlern wie The War On Drugs oder Tom Petty steht eine ganze Armada an Hillbilly-Schrott gegenüber. Doch hier klingt nicht die Sorte Southern Rock, zu der ehrenwerte amerikanische GIs ungläubige Menschen erschießen, um den Weltfrieden zu sichern. Kennedy spendiert seine eindringliche wie erbauliche Version des amerikanischen Traums voller Zuversicht und Spielfreude.

Trackliste

  1. 1. Get Along
  2. 2. A Thousand Words
  3. 3. In Stride
  4. 4. The Ides Of March
  5. 5. Wake Me When It's Over
  6. 6. Love Rain Down
  7. 7. Tell It Like It Is
  8. 8. Moonshot
  9. 9. Wanderlust Begins
  10. 10. Sifting Through The Fire
  11. 11. Worried Mind

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