laut.de-Kritik
Der Brown Boy findet endlich sein Tempo.
Review von Yannik GölzDen höchsten Respekt unter Hip Hop-Fans genießt Nav nicht. Der Kanadier mit indischen Wurzeln rappte immer etwas zu unbeholfen und taumelig, um seine Texte über das smoothe Loverboy-Leben nicht von vorneherein als Wunschträume zu entlarven. Immer hat er sich etwas zu schamlos bei einem Travis oder The Weeknd bedient und sich dann mangels eigenem Charismas an diesen Einflüssen überhoben. Aber über die Jahre als wandelnde Pointe der Rap-Community hat sich der Nav insgeheim gemausert und gemausert; von einzelnen Bangern pro Projekt ("Tap" oder "Turks") hin zur ganz eigenen Ästhetik. Im Tandem mit YSL-Beat-Tripsitter Wheezy überzeugt mit "Emergency Tsunami" nun erstmals ein Album-Statement, auf dem Nav sein eigenes Tempo findet.
Dafür gilt der Dank zu großen Teilen dem Produzenten: Wheezy ringt regelmäßig schon einem Gunna oder einem Lil Keed ihre Schokoladenseiten ab. Für Nav traut er sich aus der bequemen Xanax-Schlummerstube heraus, um seinem bislang monotonsten Protagonisten die lebendigste und temporeichste Kulisse zu schaffen. Beats wie "Repercussions" oder "Young Wheezy" durchdringen trübe Synth-Wände mit drängenden Trap-Kicks und exzentrischen Hörnern und Sirenen. Mehr als einmal erinnern sie an Young Thugs "Hot". Das scheucht den sonst etwas Autotune-verschlafenen Nav aus seiner typischen Lethargie, die manche Songs unterhaltsam, seine Alben aber meist unhörbar macht.
Das Autotune bleibt, aber Mensch, kann der Junge auf einmal flowen! Einen Rapgott gibt der selbsternannte Brown Boy zwar nicht mehr her. Aber die Pattern, mit denen er über "Vetement Socks" brettert, hätte man ihm so nicht zugetraut. Immer wieder schlägt ein Gefühl von Hunger durch, das bisherige Alben bitter vermissen ließen. Gepaart mit Wheezys unerschöpflichen Trickkiste für psychedelische Samples, die er einmal mehr wundervoll mit psychedelischen Synth-Kaskaden kontrastiert, sorgt diese Formel für klare Highlights:
Solo trifft er auf "Vetement Socks" oder "Friends & Family" ins Schwarze, aber besonders auf Features stimmt die Chemie. Erwartungsgemäß liefert er zusammen mit Gunna auf "Young Wheezy"
einschlägige Hook-Motive ab, Lil Baby dreht auf "Don't Need Friends" die Aggression zu einem heißhungrig ambitionierten Verse auf und SahBabii setzt für "Do Ya Deed" da an, wo er auf "Barnacles" aufgehört hat: Horny-Talk über Essen auf Beats von klassizistischer Schönheit. Es ist ein Fest, all diese Trap-Sonderlinge auf "Emergency Tsunami" in einen einzigen Rausch einfallen zu sehen. Die Energie pendelt. Mal fällt das Tempo in "Drip Or Drown 2"-Chill zurück, dann geht es wieder in "So Much Fun"-Ekstase über. Statt in sich einen nicht vorhandenen Alpha-Bro zu suchen, profitiert Nav von der Rolle, der irgendwie drollige Gastgeber seiner eigenen kleinen Drogenparty zu sein.
Die Harmonie mit den YSL-Rappern Thug, Gunna und Lil Keed überrascht nicht, arbeiten sie ohnehin hauptberuflich mit Wheezy zusammen. Aber gleichzeitig zeigt ihre Präsenz Navs Grenzen als Performer auf. Man spürt sein Wachstum, trotzdem erschöpft sich das Repertoire seiner Flow-Motive nach einer guten halben Stunde Tape. Auf den letzten drei Tracks bleibt vom Tsunami nur noch ein Tröpfeln und man fragt sich, ob Nav ohne die starke Produktion und die Features in Hochform noch arg viel länger getragen hätte. Besonders seine melodischen Ansätze wiederholen sich und über mehrere Tracks ohne Feature setzt der monotone Lull ein, den man von früheren Nav-Tapes kennt.
Aber was ist das Gute an einem dreißigminütigen Album? Wenn es dreißig Minuten trägt, juckt es nicht, ob es eine weitere Viertelstunde auf dem Rücken hält. "Emergency Tsunami" ist kurzweilig und pendelt effektiv zwischen explosiven Trap-Percussions und Xanax-Nebel. Nav steigt zu ungekannter Treffsicherheit auf: Seine Rolle scheint ihm klarer, seine Stärken und Schwächen bewusster und Beats und Flows klingen so scharf wie kaum zuvor. Nach so langem Grind in der Industrie und unermüdlicher Arbeit kann man dem Brown Boy diesen Glow-Up nur gönnen.
5 Kommentare mit 5 Antworten
1/5 NAV ist wirklich ein Sondermüllrapper par excellence. Achja: WB Yannik.
hi folksss, ich bin froh wieder hier zu sein!
ich mein, wie geschrieben, die bisherigen alben waren echt ziemlicher schrott, das hier aber ne positive überraschung. Bin aber auch ein sucker für die wheezy beats. Anyhooo, da kommt noch viel schlimmeres im lauf der woche ♥
Ja sehr toll, da freu ich mich natürlich.
NAV ist einfach ein harter Wacklurch.
Sag mal MannIN, macht das für dich hier überhaupt noch Sinn, ständig von Sondermüll und Kernschrott zu sprechen und alle 10 Kommentare mal ein "Stabile Beats, aber Raps eher wack" dazulassen?
Ich frage mich echt, was du überhaupt hier willst. Bin ich eigentlich der Erste, der sich diese Frage stellt?
Die Frage kann ich doch 1zu1 an Dich zurückgeben: Du bist ein komischer Fake, der hier NIE auch nur Irgendwas beigetragen hat, aber trotzdem reinkarnierst Du immer sehr zeitnah neu, wozu?
Reiche mir die Hand, MannIN. Gehen wir zusammen. So wie gestern im Tatort.
Ich opfere mich gerne für die Gemeinschaft. Es gibt keinen höheren Nutzen für diese, als dass wir beide für immer verschwinden. Nur dafür bin ich gekommen, das ist mein Sinn.
Dass Yannik keinen sachkundigen Musikgeschmack und somit sein Berufsziel verfehlt hat, außer er soll die Teeniefraktion befriedigen, ist doch auch Konsens.
Oi, DeezerYannik! Der brandneue BTS-Song kann was. Schon reingehört?
https://www.youtube.com/watch?v=sfqyNYu6khw
Navs Flow klingt halt schon seit dem ersten Album wie die Ansage eines Navis. Fürchterlich generisch, langweilig, uninspiriert. Vom nervtötenden Quäk-Timbre und diesen Flexer-Lyrics, die man ihm nicht abnimmt mal abgesehen.