laut.de-Kritik
Eine Frage, die man sich nie stellen sollte.
Review von Daniel StraubAls der französische DJ und Produzent Ivan Smagghe im vergangenen Jahr seiner "Kill The DJ"-Partyreihe im Pariser Club Pulp mit der gleichnamigen Compilation die Ehre erwies, war sich die Fachpresse schnell einig. Großes hatte der bärtige Franzose an den Turntables verbrochen. Mehr als nur ein Magazin heftete dem Silberling die Plakette "Compilation of the Year" an.
Ein schwieriges Erbe, würde man denken. Ganz und gar nicht, dachten sich Jonnie Wilkes & Keith McIvor und stellten sich kurzerhand an die Plattenspieler, um "Kill The DJ (Part Two)" zu mixen.
Nachdem sich Smagghe letztes Jahr noch mit einer Spielzeit von 70 Minuten begnügen musste, können Optimo, so das Pseudonym von Wilkes und McIvor, auf "Kill The DJ (Part Two)" aus dem Vollen schöpfen. Zwei CDs waren Tigersushi die Mixkünste des Duos wert.
Zu Recht, denn was Optimo hier an Musik auffahren, verdient das Prädikat 'besonders wertvoll'. Musikerziehung von zwei Plattennerds, die Spaß macht und in ihrem eklektizistischen Stil an die großen Tage von New Yorks Paradise Garage erinnert.
Damals stand in New York ein gewisser Larry Levan an den Turntables. Ihm gebührt die Ehre, den DJ als Ikone des Nachtlebens erfunden zu haben. Er darf sich zu Gute halten, das Djing in den Rang einer eigenständigen Kunstform erhoben zu haben.
Und nicht zuletzt war er es, der während seiner stundenlangen Mammutsets in die Rolle des großen Fusionators schlüpfte, der Brücken baute, seinem Publikum die Ohren öffnete und in seiner visionären Kraft bis heute unerreicht ist.
Dieser Legende des New Yorker Underground huldigen Optimo mit jedem Track, den sie auf die Plattenteller legen. Wie bei Levan, so ist auch bei Optimo eine gute Portion Sendungsbewusstsein das Salz in der Suppe oder sollte man besser sagen, der Groove im Set.
Hier geht es nicht um kleinkarierte Erbsenzählerei, Genre-Grabenkämpfe oder anderweitige Haarspaltereien, sondern um große musikalische Entwürfe. Optimo erklären nicht, was Nancy Sinatra auf einer DJ-Compilation verloren hat, oder warum die zweite CD alles andere als ein Mix zum Tanzen ist.
Sie spielen die Songs einfach und siehe da: die Wirkung bleibt nicht aus. Dem Groove sei Dank. Und der lässt sich nach Meinung von Optimo in ganz unterschiedlichen Tracks, aus den ganz verschiedenen Genres und weit auseinander liegenden Zeitperioden finden.
Ob da nun Ricardo Villalobos, Nurse With Wound oder The Cramps auf den Schallplatten steht, ist für Wilkes & McIvor vollkommen zweitrangig. Sie vertrauen ihrem Feeling für Musik und untersuchen die Tracks auf Herz und Seele, bevor sie zum Einsatz kommen.
Stimmt vor allem zweitgenanntes, dann lässt sich der dramatische Bogen mühelos von John Carpenter über Soft Cell zu Luciano und Carl Craig spannen und ein wahrhaft beseelter Mix erblickt das Licht der Welt. Optimo wagen mit den 60 Tracks von "Kill The DJ (Part Two)" einiges und gewinnen alles.
Sie begeistern für Tanzmusik auch abseits einer streng nach vorne gehenden Vier-Viertel-Bassdrum und zeigen Techno-Freaks, dass elektronische Musik nicht vom Himmel gefallen ist. Großer DJ-Sport, der schon jetzt Lust auf den Nachfolger macht.
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