laut.de-Kritik
Trotz neuer Elemente bleiben genug Momente der Nostalgie.
Review von Toni HennigParov Stelar gilt als Mitbegründer des Electroswings. 2012 gelang dem Österreicher, der mit bürgerlichem Namen Marcus Füreder heißt, mit der Single "All Night" auch hierzulande der Durchbruch. Mit "Artifact" möchte er nun ein neues Kapitel aufschlagen. Dabei hat er sich von Erinnerungsfragmenten, Parallelwelten und der Flüchtigkeit des Augenblicks inspirieren lassen.
Das Titelstück beginnt mit Orgeltönen und sphärischen weiblichen Vocals, entwickelt sich aber abrupt zu einem Breakbeat-Track, der mit ravig nostalgischen Sounds im Stile Mobys und The Prodigys in die 90er-Jahre entführt. Pianolastige R'n'B-Töne und souliger Gesang hört man zu Beginn in "Shiver". Mit orchestralen Streichern und ergänzendem weiblichen Gesang im Stile Lana Del Reys geht es dann im weiteren Verlauf mehr in cineastische und dramatische Sphären. Ebenso filmreif kommt die Artifact Version von Stelars 2015er-Nummer "Six Feet Underground", gesungen von Claudia Kane, daher, während man sich in "Rebel Love" wieder in tanzbaren Breakbeat-Gefilden wiederfindet.
Im instrumentalen "Hyper Body" setzt der Österreicher auf sphärische Sounds und sakrale Chöre. "Interlude One" leitet in "Falling Into Time" über, das mit Piano, Orgel und glasklaren weiblichen Vocals ruhig anfängt, danach jedoch in eingängige electropoppige Sphären abdriftet. Noch besser fällt allerdings die Parov Stelar Artifact Version von Lana Del Reys "Art Deco" aus, die zunächst Del Rey-typisch melancholisch daherkommt, aber schnell eine Abbiegung in Richtung Synthwave nimmt, was der US-Amerikanerin überraschend gut zu Gesicht steht.
Ansonsten changiert das Album zwischen poppigen ("In Between" feat. Karafizi), neoklassischen ("Absentis Mater") und 80s-lastigen ("Walking On Clouds", "The Forest") Momenten hin und her. Am ehesten stechen noch "Maybe Tomorrow", das an die Downtempo-Vergangenheit des wieder in Linz lebenden Musikers erinnert, und der Closer "Dystopia" heraus, der sich mit Bläsern majestätisch aufbaut, ab der Mitte jedoch zu einer zeitgemäßen EDM-Nummer mutiert, die eventuell den Weg für die weitere musikalische Zukunft Parov Stelars ebnen könnte.
Am Ende bleiben immer noch genug Momente der Nostalgie, so dass von einem neuen Sound nicht unbedingt die Rede sein kann. Eher erweitert der Österreicher sein Potpourri um weitere Einflüsse und versieht seine Musik mit dramatischen Bombastmomenten, die im Albumkontext etwas zu dick aufgetragen anmuten. Die Bodenständigkeit von "Moonlight Love Affair", auf dem er bis auf sehr wenige Ausnahmen auf Electroswing-Klänge verzichtete, wirkte da ein wenig sympathischer. Trotzdem bekommt man so einige gelungene Tracks geboten.


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